Persönlichkeitstests – ein Bewertungsrahmen für Entscheider und Anwender

Persönlichkeitstest

Sind Sie ein roter Typ, ein blauer Typ, oder ein grüner Typ? Hier geht es nicht um Parteien, sondern um Persönlichkeit. Viele Menschen haben bereits einen Persönlichkeitstest gemacht, und kennen ihren „Typ“. Persönlichkeitstests sind weit verbreitet, die meisten Unternehmen setzen sie ein, zum Beispiel zur Personalauswahl.

Zeit für einen Check. Schauen wir doch mal zusammen, was Persönlichkeitstests können wollen, welche Persönlichkeitstests es so gibt, und werfen einen Blick auf die wissenschaftliche Fundiertheit. Anschließend gebe ich Hinweise, was bei Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Persönlichkeitstests in Unternehmen zu beachten ist.

Ein Persönlichkeitstest – was ist das?

„Ein Persönlichkeitstest ist ein psychologisches Testverfahren zur Erfassung von dispositionellen Persönlichkeitseigenschaften“ (Wikipedia). Ok, und was bedeutet „dispositionell“? Eine Disposition ist eine Eigenschaft oder eine zeitlich überdauernde, charakteristische Verhaltensbereitschaft. Früher sagte man auch „Temperament“ oder „Charakter“. In der Persönlichkeitspsychologie geht es darum, wie ein Mensch sich immer wieder ähnlich verhält in vergleichbaren Situationen. Ein typisches und bekanntes Beispiel für eine Persönlichkeitseigenschaft ist die Dimension Extraversion vs. Introversion. Extravertierte Menschen verhalten sich in vielerlei Hinsicht anders als introvertierte Menschen. Und das ändert sich nicht von heute auf morgen, sondern bleibt ein zeitlich stabiles Muster. In welcher Hinsicht sich Menschen unterscheiden, ist Gegenstand der differentiellen Psychologie.

Ich finde den Begriff „Persönlichkeitstest“ nicht so passend. Für die meisten Menschen signalisiert der Begriff „Test“, dass es um Leistung geht, oder um „richtig/falsch“. Es gibt in der Persönlichkeit aber keine Leistung oder ein richtig/falsch. Es gibt Unterschiede in der Persönlichkeit, und die sind zunächst wertfrei zu betrachten. Ich spreche daher lieber von „Persönlichkeitsinventar„, aber der Begriff „Persönlichkeitstest“ ist gebräuchlich.

Der Markt der Persönlichkeitstests

Wir sprechen hier über einen attraktiven Markt für Anbieter. Die Kosten der Instrumente bewegen sich in der Regel in dem Bereich 80 bis 150 Euro pro Person bzw. pro Anwendung. Wenn es einmal gelungen ist, ein Instrument erfolgreich am Markt zu platzieren, hat man quasi eine Lizenz zum Gelddrucken. Weil der Markt attraktiv ist, ist er aber auch umkämpft. Viele der angebotenen Instrumente sind sich sehr ähnlich bzw. Varianten eines Grundmodells.

Zu den gebräuchlichsten Persönlichkeitstests gehören:

16PersonalitiesAnbieter 
DISGAnbieterWikipedia
Golden Profiler of Personality (GPOP)Wikipedia
Hermann Brain Dominance Instrument (HBDI)AnbieterWikipedia
Insights DiscoveryAnbieter 
Insights MDIAnbieter 
Master Person Analysis (MPA)Anbieter 
Myers-Briggs-Typen-Indikator (MBTI)AnbieterWikipedia
Predictive Index (PI)AnbieterWikipedia
Process Communication Model (PCM)AnbieterWikipedia
Struktogramm (Biostrukturanalyse)Anbieter

Einen noch umfassenderen Überblick mit jeweils mehr als 20 Persönlichkeitstests liefern die Seite „Große Liste der Persönlichkeitstests“ und der Beitrag „Persönlichkeitstest: Insights, MBTI, Big Five & Co. – der große Vergleich„.

Bei diesem Angebot stehen die Entscheider über die Anwendung von Persönlichkeitstests vor einer großen Herausforderung: Welches Tool soll ich einsetzen?

Beispiel für einen Persönlichkeitstest

Vom Myers-Briggs-Typen-Indikator (MBTI) gibt es mehrere Varianten, und daher kennzeichnet das Modell der „16 Persönlichkeiten“ wohl die Instrumenten-Gruppe mit der größten Verbreitung. Varianten des MBTI sind GPOP, 16Personalities, Jung Typology Test, und viele mehr. Teilweise sind Kurzformen dieser Tests auch kostenlos.

Mit dem MBTI werden 4 dichotome (zweigeteilte) Persönlichkeitsdimensionen erfasst, welche auf Carl Gustav Jung zurückgehen:

  • Motivation, Antrieb: Extraversion (E = Extraversion) – Introversion (I = Introversion)
  • Aufmerksamkeit: Sensitivität (S = Sensoring) – Intuition (N = INtuition)
  • Entscheidung: Denken (T = Thinking) – Fühlen (F = Feeling)
  • Lebensstil: Beurteilen (J = Judging) – Wahrnehmen (P = Perceiving)

Aus diesen Persönlichkeitsdimensionen ergeben sich 16 mögliche Persönlichkeitstypen. Ein Testergebnis könnte z.B. sein „ISTJ“. Mit solch einer Buchstabenkombination wird dargestellt, wohin man in den 4 Dimensionen tendiert und welcher der 16 Persönlichkeitstypen vorliegt.

Warum sind Persönlichkeitstests bei Anwendern so beliebt?

Die „Persönlichkeit“ ist eine typische Erklärung für das eigene Verhalten und für das unterschiedliches Verhalten von Menschen. Persönlichkeitstests sind daher ausgesprochen beliebt, denn sie versprechen eine wissenschaftlich fundierte Aufklärung über die Persönlichkeit. Ich sehe folgende Gründe für die Beliebtheit dieser Instrumente bei Anwendern:

  • Jeder möchte sich selbst besser verstehen und sucht nach Erklärungen für das eigene Verhalten und die Tendenzen, die man an sich beobachtet. Deshalb ist es interessant für uns, die eigene Persönlichkeitsstruktur zu kennen.
  • Die von den Tests bereitgestellten Typologien sehen für Laien plausibel aus. Teilweise wird versucht, die Persönlichkeit mit unterschiedlichen Hirnstrukturen zu erklären. Da jeder weiß, dass das Gehirn unterschiedliche Areale hat, klingt die Erklärung plausibel.
  • Die Anwender bekommen einen Typ zugeordnet, ein Label („Aha, ich bin also der rote Typ“). Sie können mit dem jeweiligen Persönlichkeitsmodells auch andere Menschen einordnen („Sie ist grün, er ist blau“).
  • Die Anwender lernen mit dem Modell eine Sprache, in der sie sich mit anderen austauschen können. Das kann die Metakommunikation erleichtern („Ich bin ein roter Typ – für mich ist es wichtig, dass…“).

Warum setzen Unternehmen Persönlichkeitstests ein?

Das Wissen um die individuelle Persönlichkeitsstruktur macht uns ein Stück weit berechenbar, und das ist interessant für Unternehmen. Ein typisches Anwendungsfeld für Persönlichkeitstests ist die Personalauswahl, insbesondere von Führungskräften. Man möchte die richtigen Leute auf die richtige Position bringen und „matcht“ ein Anforderungsprofil mit individuellen Persönlichkeitsprofilen. Sicher wird nicht allein der Persönlichkeitstest entscheiden, aber die Ergebnisse können mit den Kandidaten besprochen werden und in die Entscheidung eingehen.

Oft geht es in der Anwendung von Persönlichkeitstests nicht um Personalauswahl, sondern um Personalentwicklung, oder um besseres Verständnis der Unterschiedlichkeit von Menschen, oder die Verbesserung der Zusammenarbeit in Teams. Es gibt viele denkbare Anwendungsfelder, z.B.:

  • Personalauswahl
  • Führungskräfteentwicklung
  • Coaching
  • Teamentwicklung
  • Konfliktmanagement-Seminare

Kritik an den Persönlichkeitstests

Es gibt fundierte Kritik an den Persönlichkeitstests, und diese Kritik führt bei Verfechtern und Verkäufern von Persönlichkeitstests oft zu angesäuerten Reaktionen. Jedoch muss sich jeder, der Persönlichkeitstests verantwortungsbewusst einsetzen möchte, mit dieser Kritik beschäftigen.

Sehr viele, auch erfolgreiche, Instrumente berufen sich auf Theorien, die keine taugliche wissenschaftliche Grundlage sind.

1. Die theoretische Grundlage der Persönlichkeitstests

Die am häufigsten eingesetzten Verfahren (Insights Discovery, Insights MDI, MBTI, MPA usw.) beruhen auf der Persönlichkeitstypologie von Carl Gustav Jung. Diese Theorie gilt in der akademischen Psychologie als unwissenschaftlich. Wenn aber die zugrundeliegende Theorie nicht wissenschaftlich ist, dann nützen auch Nachkommastellen, anschauliche Typbeschreibungen („Abenteurer“) oder ein optisch beeindruckender Report nicht viel.

Teilweise wird auch als Kritik geäußert, die Theorien von Jung oder Marston („Emotions of Normal People“, 1928) seien ja bereits über 80 Jahre alt. Das allein ist aus meiner Sicht kein überzeugendes Argument. Wohl aber ist wichtig, wie diese Theorien entwickelt wurden, ob sie einer wissenschaftlichen Überprüfung zugänglich sind (!) und falls ja, ob sie wissenschaftlich bestätigt werden konnten. Und da spielt es indirekt eine Rolle, in welcher Zeit die Theorien entstanden sind, denn die Psychologie ist eine junge Wissenschaft und hat die heute gültigen wissenschaftlichen Standards vor allem in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts entwickelt.

Die Persönlichkeitstypologie von Carl Gustav Jung wurde nicht wissenschaftlich gebildet, sondern ganz einfach aus einigen Beobachtungen Jungs an seinen Patienten. Die psychologische Forschung konnte diese Persönlichkeitstypologie nicht finden oder bestätigen.

Die Persönlichkeitstests, die große deutsche Unternehmen bei der Personalauswahl am häufigsten einsetzen, sind zugleich die aus wissenschaftlicher Sicht fragwürdigsten.

Rüdiger Hossiep, Wirtschaftspsychologie Aktuell

Ungeachtet dessen sprechen die Anbieter solcher Persönlichkeitstests davon, ihre Instrumente seien „wissenschaftlich fundiert“. Sie können aber meistens nur auf eigene Studien verweisen – und die unabhängige und akademische psychologische Forschung kann eine solche Behauptung nicht stützen. Es bleibt dabei: Sehr viele, auch erfolgreiche, Instrumente berufen sich auf Theorien, die keine taugliche wissenschaftliche Grundlage sind.

Die mangelnde Wissenschaftlichkeit ist sicherlich der Hauptkritikpunkt im Diskurs über Persönlichkeitstests. Es gibt jedoch aus meiner Sicht noch weitere Punkte, über die man Bescheid wissen sollte.

2. Der fundamentale Attributionsfehler

Hoppla, noch so ein psychologisches Konzept. Ich möchte aber unbedingt kurz darauf eingehen, denn es ist für das Thema „Persönlichkeit“ von sehr großer Wichtigkeit.

Es gibt zwei wesentliche Determinanten von Verhalten: Die Person und die Situation. D.h. wir erklären ein beobachtetes Verhalten mit „Er/sie ist eben so“ (Person) oder „Sie/er hat das gemacht, weil es in der Situation passte“ (Situation bzw. Kontext). Und jetzt wird es spannend! Es gibt den sogenannten „fundamentalen Attributionsfehler“ (Lee Ross, 1977, „The intuitive psychologist and his shortcomings: Distortions in the attribution process„). Dieser Wahrnehmungsfehler bezeichnet die Tendenz, „den Einfluss dispositionaler Faktoren, wie Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen und Meinungen, auf das Verhalten anderer systematisch zu überschätzen und äußere Faktoren (situative Einflüsse) zu unterschätzen“ (Wikipedia). Kurzum: Person wird überschätzt, Situation wird unterschätzt.

Wenn wir aber unser eigenes Verhalten erklären, dann erklären wir es eher mit der Situation und viel weniger mit unserer Persönlichkeit. Wir messen mit zweierlei Maß. Wenn wir unser Verhalten erklären, bevorzugen wir situative Erklärungen („Ich musste das tun, weil gerade…“). Wenn wir das Verhalten anderer interpretieren, dann erklären wir es eher mit deren Persönlichkeit („Er/sie ist narzisstisch“). Disclaimer: Das ist ein statistischer Zusammenhang. Ich habe natürlich auch Menschen erlebt, die ihr eigenes Verhalten sehr stark mit ihrer Persönlichkeit erklären („Ich bin eben so“).

Es bleibt festzuhalten: Der Faktor „Person“ wird überschätzt, der Faktor „Situation“ wird unterschätzt. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Tendenz auch bei der Interpretation der Ergebnisse von Persönlichkeitstests besteht, oder sogar noch verstärkt wird. Das ist kein Grund, Persönlichkeitstests nicht einzusetzen, aber wenn man Persönlichkeitstests einsetzt, sollte man sich der Existenz des fundamentalen Attributionsfehlers bewusst sein.

3. Der Anwendungskontext

Ein weiterer Punkt, der sehr oft vernachlässigt wird, ist die Angemessenheit und Nützlichkeit des Einsatzes von Persönlichkeitstests in bestimmten Anwendungskontexten. Ein Problem besteht meiner Ansicht nach darin, dass die Anbieter ihre Instrumente zu Allheilmitteln verklären. Man soll damit praktisch alles machen können: Stellen richtig besetzen, den Erfolg von Führungskräften vorhersagen, den Verkaufserfolg von Vertrieblern steigern, Karriereberatung, Coaching, Nachfolgeplanung, Teamentwicklung, Konfliktklärung, Gesundheitsmanagement, Talentförderung, und was-weiß-ich-noch-alles. Aufgrund der Positionierung als eierlegende Wollmilchsau besteht die Gefahr, dass über die Anwendungsziele, die Stärken und Schwächen der Instrumente, die Grenzen der Aussagefähigkeit der Instrumente, die beabsichtigten und die nicht beabsichtigten Wirkungen beim Anwender nicht mehr weiter nachgedacht wird. Das sollte man jedoch tun.

Ein pointiertes Beispiel: Persönlichkeit ist ein zeitlich stabiles Muster. Für die Personalauswahl (hier möchte man Stabilität, damit die Vorhersagen etwas taugen) kann man Persönlichkeitstests hinzuziehen. Für die Personalentwicklung (hier möchte man Entwicklung, also Veränderung) sollte man nicht den Anschein erwecken, als könne man die Persönlichkeit ohne weiteres ändern, um z.B. sozialen Erwartungen besser zu entsprechen. Das spricht nicht gegen die Verwendung von Persönlichkeitstests in der Personalentwicklung, nur sollte man die Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen kennen und gegenüber den Anwendern offenlegen.

Checkliste: Was sollte man beim Einsatz von Persönlichkeitstests beachten?

Zunächst sollte man Kriterien zur Beurteilung von Persönlichkeitstests heranziehen. Ich schlage folgende Kriterien vor, die du unterschiedlich gewichten kannst:

  • Validität (Gültigkeit): Misst der Test das, was er zu messen vorgibt? Es gibt unterschiedliche Arten von Validität. Erkundige dich bei Angaben zur Validität, welche Validität gemeint ist bzw. wie die Validität ermittelt wurde.
  • Reliabilität (Zuverlässigkeit): Misst der Test zuverlässig? Wenn ein Proband denselben Test eine Woche später nochmal ausfüllt, kommt dann das gleiche Ergebnis dabei heraus?
  • Ökonomie: Was kostet das? Lizenzkosten? Zeitinvest für Trainer und Anwender? Preis-Leistungsverhältnis?
  • Akzeptanz: Wird das Instrument von Experten und von den Anwendern akzeptiert?
  • Tauglichkeit: Kannst du mit dem Instrument das erreichen, was du erreichen möchtest?

Verwende Tests, die eine gute Anbindung haben an den wissenschaftlichen Korpus der Psychologie.

Verwende Tests, die eine gute Anbindung haben an den wissenschaftlichen Korpus der Psychologie. Das Testergebnis sollte ein mehrdimensionales Profil sein, nicht ein Typ. Das Persönlichkeitsmodell der Big Five gilt heute international als das „universelle Standardmodell in der Persönlichkeitsforschung“ (Wikipedia). Es gibt ein enormes Ausmaß an Forschung zu diesem Modell. Daher erfüllen Tests, die auf den Big Five beruhen, eine wichtige Anforderung.

Darüber hinaus empfehle ich für den Einsatz von Persönlichkeitstests:

  • Der Trainer oder Coach muss hinsichtlich der hier aufgestellten Kriterien und hinsichtlich des Anwendungskontextes kompetent beraten können.
  • Der Trainer oder Coach sollte sich im Modell sehr gut auskennen und ggf. zertifiziert sein. Sie/er muss individuelle Profile interpretieren können und sollte Anwender auf die Existenz und Bedeutung des fundamentalen Attributionsfehlers (s.o.) hinweisen.
  • Sei dir bewusst, dass Persönlichkeitstests das Schubladendenken fördern können. Menschen können sich durch ihre Ergebnisse richtig beschrieben, aber auch eingeengt fühlen.
  • Sensibilisiere die Anwender dafür, dass die Versuchung groß sein kann, mit Kenntnis des jeweiligen Persönlichkeitsmodells die Menschen zu kategorisieren, dass aber die Schubladisierung von Menschen offenes und flexibles Handeln einschränken kann.
  • Prüfe die Diskriminierungsfreiheit des Instrumentes (das Instrument sollte weder bestimmte Gruppen von Menschen noch Persönlichkeitsstrukturen benachteiligen).
  • Prüfe die Anbieter-Informationen auf eigenartige werbende Aussagen (eine Formulierung wie „Werden Sie ein Gewinner-Typ“ ist kein Signal für Qualität).
  • Achte auf den Datenschutz und ggf. auf die Erfüllung der DIN 33430 Anforderungen.
  • Wie sieht der Report aus, mit dem der Anwender seine Ergebnisse bekommt?
    – Welchen Umfang hat der Report?
    – Wie gut sind die Ergebnisse grafisch aufbereitet?
    – Wie differenziert ist die Darstellung der Ergebnisse?
    – Wie treffend und verständlich sind die Texte formuliert?
    – Werden Handlungsempfehlungen gegeben?
  • Wie durchschaubar (und damit manipulierbar) ist der Test? Wenn möglich, setze nicht nur eine Selbstbeschreibung ein, sondern ergänze die Selbsteinschätzung mit Fremdeinschätzungen (Feedback von anderen).
  • Beachte den Anwendungskontext: Wofür wird der Persönlichkeitstest eingesetzt? Wie gut ist das Instrument dafür geeignet?

Als Fazit lässt sich festhalten:

Um die intensive Beschäftigung mit den Anforderungen und möglichen Tests für den jeweiligen Einsatz kommen Anwender nicht herum.

Daniela Eisele, „Persönlichkeitstests unter der Lupe

Im nächsten Beitrag spreche ich mit Dr. Ronald Franke über ein neues Instrument: Persönlichkeitsentwicklung auf Grundlage der Psychologie – mit dem Personality Profiler

Welche Erfahrungen hast du mit Persönlichkeitstests gemacht? Welche Hinweise würdest du zusätzlich geben, wenn über den Einsatz eines Persönlichkeitstests entschieden wird?

Auf einen Blick ↥

Was man wirklich braucht, um erfolgreich zu sein

Weisheit

Um erfolgreich zu sein, braucht man zuallererst emotionale Intelligenz. … im Kern geht es darum, wie man mit Menschen redet, wie man sie überzeugt. Es sind nicht die Klügsten, die Erfolg haben, auch nicht die Stärksten. Es sind die Fittesten, es ist knallharter Darwinismus. Und heute bedeutet Darwinismus: soziale Fähigkeiten zu haben und ein Experte auf einem Feld zu sein. Etwas zu finden, das man mag. Und der Beste darin zu werden.

Daniel Shechtman (DIE ZEIT, 2.7.2015)

Daniel „Dan“ Shechtman erhielt 2011 den Chemie-Nobelpreis für die Entdeckung quasiperiodischer Kristalle.

Mythos: Agiles Lernen ergibt sich von selbst

Mythos

Eine verbreitete naive Annahme lautet: Agiles Lernen ergibt sich von selbst. Wenn dem so wäre, wäre das natürlich bequem. Man braucht nur ein Learning Management System (LMS) haben, und die Menschen werden schon selbst wissen, ob und wann sie was lernen möchten. Die Aufgaben von Learning & Development wären minimiert (für was brauchen wir L&D eigentlich noch?), und zudem wäre dieser naive Ansatz budgetschonend. Allerdings tut man den Menschen und dem Unternehmen damit keinen Gefallen.

Susanne Heinz schreibt in der aktuellen Ausgabe des Weiterbildungsmagazins managerSeminare einen Artikel, den ich allen sehr ans Herz legen möchte, die den Wandel im Corporate Learning gestalten. Hier bekommst du eine Zusammenfassung, garniert mit eigenen Gedanken. Bitte lies den ganzen Artikel im Original (managerSeminare August 2019, S. 70-76, als eDoc für Abonnenten umsonst).

Es geht um agile Lernformen. Susanne Heinz untersucht die Situation des agilen Lernens in Unternehmen und unterzieht verbreitete Annahmen einem Faktencheck. Sie identifiziert 6 Mythen, die effektives Lernen massiv behindern können.

Mythos 1: Agiles Lernen erfolgt am besten direkt am Arbeitsplatz

Learning by Doing ist wichtig, aber für die Verankerung von  Lerneffekten muss bewusst gelernt werden (sonst werden einfach nur Aufgaben abgearbeitet).

Konsequenz: Das Unternehmen und die Führungskräfte müssen Möglichkeiten schaffen und Zeit zur Verfügung stellen für Austausch und bewusstes Lernen.

Mythos 2: Mitarbeiter organisieren sich beim agilen Lernen komplett selbst

Selbstorganisiertes Lernen ist keine Selbstverständlichkeit und erschöpft sich oft in Lernkonsum. Selbstorganisiertes Lernen bedeutet auch nicht, die Menschen in der Unüberschaubarkeit der Lernmöglichkeiten allein zu lassen.

Konsequenz: Mitarbeiter benötigen eine professionelle Lernbegleitung. Diese Aufgabe können Lerncoaches oder Personalentwickler übernehmen. Der Transfer kann zusätzlich durch digitale Werkzeuge unerstützt werden (s. Interview „everskill – Transfer mit digitalem Coach„).

Mythos 3: Agile Weiterbildung findet immer spontan statt

Hier spricht Susanne Heinz einen extrem wichtigen Punkt an, der in der Digitalisierungs-Euphorie unterzugehen droht. Dass nämlich ein zeit-und ortsunabhängiger Zugriff auf Lernressourcen möglich ist, heißt noch lange nicht, dass spontanes Lernen zukünftig das einzige Lernen ist. Natürlich kann es auch mal ausreichend sein, sich mit einem schnellen „Lern-Nugget“ auf die nächste kleine Aufgabe vorzubereiten. Aber in der Weiterbildung muss man auch strategisch denken, und den Lernern ermöglichen, sich mit echten Kompetenzen auf die Zukunft vorzubereiten.

Konsequenz: Weiterbildung muss (auch) geplant und strategisch erfolgen. Strategisch ausgerichtete Formate und Programme werden gebraucht. Für L&D ergibt sich die Anforderung, eine „Ambidextrie“ (Beidhändigkeit) umzusetzen: Sowohl spontanes Lernen als auch vorausschauendes Lernen.

Mythos 4: Menschen sind grundsätzlich lernbegeistert

Menschen sind im Grunde neugierig und lernwillig. Diese Bereitschaft wurde oft abtrainiert oder die bisherigen Lernerfahrungen waren wenig erbaulich. Vielleicht hat man es sich auch gemütlich eingerichtet oder man meint, vor lauter operativem Geschäft keine Zeit zu haben. Lernen erfordert aber Offenheit, Energie und Zeitinvest. Wenn wir nun davon ausgehen, dass alle Mitarbeiter total lernbegeistert sind, werden wir sicherlich oft darin bestätigt, viele Menschen werden allerdings abgehängt.

Konsequenzen: Lernformen sollten gemischt werden (alt und neu), auch innerhalb von Curricula oder Formaten, um allen Lernern Angebote zu machen. Die Führungskräfte sollten das selbstgesteuerte Lernen sichtbar vorleben.

Mythos 5: Agiles Lernen ist grundsätzlich digital

Allzuoft werden Präsenzlernen und digitales Lernen gegeneinander ausgespielt, anstatt unterschiedliche Lernformen sinnvoll nebeneinander einzusetzen oder sich ergänzen zu lassen.

Konsequenz: L&D sollte genau prüfen, welche Lernformen für welches Lernen besser passen. Kann ein Thema allein vorm PC gut gelernt werden? Ist das wirklich so? Oder lernt es sich besser im Miteinander? Können Lerner von Feedback profitieren? Können Lerner von professioneller Begleitung profitieren? Geht es um Wissensvermittlung oder geht es um Kompetenzentwicklung? WordPress (das CMS, auf dem dieser Blog läuft) kann ich mir weitgehend selbst beibringen, Soft Skills dagegen kaum.

Mythos 6: Jedes Unternehmen ist bereit für agiles Lernen

Neues Lernen – agiles Lernen – kann in unterschiedlichen Unternehmen sehr unterschiedlich ankommen. Es ist eine Frage der Kultur und der Historie.

Konsequenz: Die Unternehmen sollten das Thema angehen, aber den eigenen Reifegrad einschätzen und damit rechnen, dass Veränderung Zeit benötigt – wir reden hier über einen Kulturwandel. Es sollte klar kommuniziert werden, dass Lernen erwünscht und notwendig ist. Neue zentrale Angebote sollten aufgestellt werden, und auch Bottom-up Initiativen sollten unterstützt werden.

Zum World Youth Skills Day: Effektivitäts-Hindernisse und Soft Skills für Millennials

Event

Der World Youth Skills Day ist ein internationaler Thementag und findet am 15. Juli statt. Das ist ein Weg, Aufmerksamkeit zu generieren für ein wichtiges Thema. Es ist mir bewusst, dass die weltweite Situation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen für uns in Deutschland auf den ersten Blick nicht so sehr wichtig erscheint. Uns geht es ja gut. Die größte Sorge der Millennials hierzulande ist ihre individuelle Work-Life-Balance (heisst es). Wir haben es jedoch mit einer globalen Herausforderung zu tun und nichts, was in diesem Maßstab auf der Welt passiert, kann uns egal sein (denke an die Erderwärmung oder an Migrationsbewegungen). Werfen wir mal einen Blick auf die Situation der Millennials, zunächst eher global und dann eher in unserem Kulturkreis.

Die Herausforderung

Der World Youth Skills Day wurde von den UN ins Leben gerufen aufgrund der Tatsache, dass die Jugendarbeitslosigkeit eines der schwerwiegendsten Probleme für die Wirtschafsräume und Gesellschaften auf der ganzen Welt ist – sowohl in Entwicklungsländern als auch in entwickelten Ländern. Einige Fakten:

  • Es fehlen Jobs. Mindestens 475 Millionen neue Jobs müssten im nächsten Jahrzehnt geschaffen werden, um derzeit arbeitslose junge Menschen und 40 Millionen neue Arbeitssuchende pro Jahr aufzufangen.
  • Viele der vorhandenen Jobs sind prekär. 1,44 Milliarden Menschen arbeiten in „vulnerable employment conditions“.
  • Viele junge Menschen sind nicht vorbereitet für die Arbeitswelt.

Die Lösung

Da die Geburten weltweit nicht zurückgehen, bleibt vor allem eine Lösung: Lernen, und zwar lebenslanges Lernen. Ein Hauptziel für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, Agenda 2030) lautet:

Ensure inclusive and equitable quality education and promote lifelong learning opportunities for all.

Der Zugang zu erschwinglichen und hochwertigen Angeboten von technischer und beruflicher Ausbildung ist der Schlüssel. Die jungen Menschen brauchen Skills, um würdige Arbeit zu bekommen oder sich selbständig zu machen, um Geschlechterbarrieren und prekäre Arbeitsverhältnisse zu überwinden, und um sich selbst und die eigene Gesellschaft zu entwickeln.

Effektivitäts-Hindernisse für Millennials

Im Vergleich zu manch anderen Regionen in der Welt haben wir in unserer Region eher Luxusprobleme. Nichtsdestotrotz sind es Herausforderungen, und sie machen den Menschen und den Organisationen zu schaffen.

Anlässlich des World Youth Skills Day 2018 hat HBR Ascend eine Befragung durchgeführt. HBR Ascend ist eine Karriere- und Weiterbildungsplattform für Millenials von Harvard Business Review. In dieser Studie (4 Critical Skills for Highly Effective Millennials) wurde erhoben, welche Barrieren der Effektivität der Millennials entgegen stehen. Leider erfahren wir nicht, aus welchen Regionen die Befragten der Studie kommen – nur, dass ein Querschnitt unterschiedlicher Branchen abgebildet ist. Ich vermute, wir bewegen uns hier in der westlichen Welt. Was hindert also Millennials nach eigener Einschätzung daran, effektiv zu arbeiten?

  • „Zu viel zu tun“ (40%, von Männern häufiger genannt als von Frauen)
  • Klüngeleien am Arbeitsplatz (39%, von Frauen häufiger genannt als von Männern)
  • Zu viele Meetings (33%)
  • Unklare Rolle oder Aufgaben (30%)
  • Restriktive Unternehmenskultur (28%)
  • Mangelnde Zusammenarbeit im Team (27%)
  • Mangelnde oder mangelhafte Weiterbildung (16%)

Da gibt es also einige Baustellen für die Unternehmen. Die Unternehmen sollten nicht nur in den Recruiting-Bemühungen glänzend dastehen und tolle Onboarding-Programme haben, sondern auch tatsächlich attraktive Arbeitsumgebungen bieten – möglichst ohne Hindernisse für die Effektivität. Es ist im ureigensten Interesse der Unternehmen. Ein Tischkicker ist nicht falsch, aber noch keine gute Unternehmenskultur. Wenn ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich sein will, braucht es vor allem eine ermöglichende Unternehmenskultur, in der man so kommuniziert und zusammenarbeitet, dass alle effektiv sein können.

Die wichtigsten Soft Skills für Millennials

Die Studie weiter: Die Millennials sind gut ausgebildet auf der technischen Seite, es mangelt allerdings an Soft Skills. Und gerade die Soft Skills sind die Skills, die nicht veralten (wie das technische Wissen) und für die Effektivität essentiell sind. Folgende vier Soft Skills wurden als entscheidend identifiziert:

  • Emotionale Intelligenz (eigene Resilienz, sich verbinden mit anderen)
  • Stress-Management (klarkommen in der VUCA Welt)
  • Einflussfähigkeiten (für die jetzige Zusammenarbeit, und um später kollaborative Leader zu werden)
  • Analytische Fähigkeiten (Zusammenhänge verstehen, komplexe Probleme lösen)

Nur sehr wenige Millennials glauben, dass sie bereits gute Soft Skills mitbringen. Die Millennials verstehen die Potenziale von Soft Skills für den eigenen Erfolg und tun gut daran, die Entwicklung der eigenen Soft Skills im Blick zu behalten und aktiv voranzutreiben. Unternehmen müssen in die Weiterbildung der Soft Skills investieren – es lohnt sich!

Digitalisierung ist keine Cupcake-Party

Fundsache

Autsch! Aber das musste ja mal sein: Panos Meyer gießt beißenden Spott über die Digitalisierungs-Evangelisten. Seine Kritik: Die Inszenierung der Digitalisierung, die niemandem weh tut und allen nur ganz viel Fun bringt, ist leeres Gerede und geht an den eigentlichen Herausvorderungen vorbei.

Es kann nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft sein, wenn deren führende Vertreter die grundlegendste Veränderung in der Wertschöpfungsarchitektur seit der Industrialisierung als lustige Cupcake-Party inszenieren. Das ist unseriös, unterkomplex und wird den Herausforderungen, die vor uns liegen, nicht gerecht.

Panos Meyer

Lustig zu lesen: Warum die Gute-Laune-Digitalisierung eine Farce ist – Macht den Leuten nichts vor!

*Nachdenklich* Wir leben in unsicheren Zeiten (VUCA-Welt!). Eine komplett einseitige Kommunikation der Digitalisierung hilft uns da nicht. Die Digitalisierung ist keine Cupcake-Party, da stimme ich Panos Meyer zu.

Lebenslanges Lernen – ja bitte! Oder doch nicht?

Studie

Wir werden mit Umwälzungen der Arbeit und des Lernens konfrontiert. Dennoch sind die Deutschen erstaunlich gelasssen. Das zeigt die Vermächtnis-Studie zu gesellschaftlichen Entwicklungen von DIE ZEIT, infas und WZB. Es wurde mit 2070 repräsentativ ausgewählten Personen gesprochen.

Die Einstellungen zu unterschiedlichen Themen wurden hinsichtlich dreier Dimensionen erfragt:

  • Das Hier und Jetzt: Wie ist es?
  • Die normativen Vorstellungen: Wie sollte es sein?
  • Die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Entwicklung: Wie wird es sein?

Die Ergebnisse der Studie sind in vielerlei Hinsicht interessant: Das Vermächtnis – Wie wir leben wollen. Und was wir dafür tun müssen. (Broschüre Download)

Ein Thema dieser Studie ist für mich von besonderem Interesse: Lebenslanges Lernen (in der Broschüre ab Seite 32). Seit langer Zeit ist die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens bekannt, doch die Deutschen wurden eher als unwillig und unflexibel dargestellt. In der Vermächtnis-Studie ergibt sich nun ein anderes Bild: Über 70% der Menschen haben eine positive Einstellung zu lebenslangem Lernen. Sie halten lebenslanges Lernen für wichtig und attestieren sich eine große Offenheit gegenüber dem lebenslangen Lernen. Und fast 90% empfehlen diese Offenheit den nachfolgenden Generationen. So weit so gut.

Wir kommen jetzt zur dritten Dimension, nämlich der Frage: Was wird sein? Hier kippt das Bild. Man selbst hält sich für aufgeschlossen, aber man hält die anderen nicht für aufgeschlossen dem lebenslangen Lernen gegenüber: Nur knapp 40% der Befragten glauben, dass Menschen zukünftig aufgeschlossen dafür sind, ein Leben lang etwas Neues zu lernen.

Lebenslanges Lernen Studie
  • Wie sehr gilt für Sie, dass Sie wirklich aufgeschlossen sind, ein Leben lang etwas Neues zu lernen?
  • Würden Sie nachfolgenden Generationen empfehlen, wirklich aufgeschlossen dafür zu sein, ein Leben lang etwas Neues zu lernen?
  • Meinen Sie, dass Menschen zukünftig wirklich aufgeschlossen sind, ein Leben lang etwas Neues zu lernen?

Ich denke, es ist zu früh, aufgrund dieser Ergebnisse euphorisch zu werden. Aus folgenden Gründen:

  • Politische Entscheidungsprozesse, deutsche Bildungssysteme und deutsche Bildungsinstitutionen sind ungeheuer träge. In gewisser Weise sind wir Opfer des eigenen Erfolgs, denn das duale Bildungssystem war (und ist) ein Erfolgsmodell – aber ist es auch das Zukunftsmodell?
  • Sprachlich und mental hängen wir zu einem großen Teil immer noch der Vorstellung an, dass ein einmal in der „Ausbildung“ erlernter Beruf zur Ausübung dieses Berufes auf Lebenszeit befähigt. Wir haben noch nicht einmal ein richtiges Wort für das lebenslange Lernen. Ist es „Weiterbildung“? Damit assozieren wir eher Weiterbildung im bereits gelernten Beruf („mach‘ mal eine Office-Schulung“). „Umschulung“ trifft es noch weniger, wir assozieren es eher mit einem ungewollten Bruch der Erwerbsbiografie.
  • Nur drei Prozent der Menschen glauben, dass ihre Arbeit von Computern erledigt werden könnte (Vermächtnis-Studie, Broschüre S. 15). Hier zeigt sich eine fatale Fehleinschätzung der Situation. Sehr viele Menschen haben den Schuss noch nicht gehört. Wenn nur 3% glauben, dass Computer oder Roboter ihre Arbeit machen könnten – dann könnte es auch sein, dass sich die Menschen bezüglich ihrer Offenheit gegenüber lebenslangem Lernen irren. Was ist, wenn ganz konkret und individuell Flexibilität, Bewegung, Zeitinvest und Verhaltensänderungen gefordert sind?

Die Autoren der Studie sehen eine grundsätzliche Offenheit der Menschen gegenüber lebenslangem Lernen. Ich hoffe, dem ist so; aber eine Skepsis bleibt.

Die Autoren fordern eine Veränderung der Bildung in Deutschland. Die Institutionen müssten es Menschen ermöglichen, sich präventiv auf Berufswechsel vozubereiten. Das ist eine gute Sache – ich nenne das vorausschauendes Lernen. Es müsste noch viel mehr das gelernt werden, was man in Zukunft braucht – nicht nur das, was man gerade aktuell braucht.

Wie siehst du das? Sind die Menschen wirklich offen gegenüber lebenslangem Lernen? Was müsste getan werden, um lebenslanges Lernen zu ermöglichen und zu fördern?

New Work und Corporate Learning Podcasts

Podcast

Podcasts sind ein gutes Medium, sich weiterzubilden (und sich unterhalten zu lassen), während man etwas anderes tut. Ich persönlich höre Podcasts gerne auf Bahnreisen. Hier habe ich einige Corporate Learning Podcasts und New Work Podcasts für dich zusammengestellt. Ich habe meine Podcast-Empfehlungen alphabetisch geordnet und mache Angaben zu Macher / Macherin, Erscheinungsweise / Turnus und Schwerpunkten.

Für den schnellen Zugriff habe ich die Podcasts zu einer Plattform verlinkt, wo du sofort mit anhören beginnen kannst. Die meisten hier genannten Podcasts sind bei Apple Podcasts abrufbar, viele auch zusätzlich auf anderen Plattformen (z.B. Soundcloud oder Spotify).

Die New Work und Corporate Learning Podcasts haben Beiträge in deutscher Sprache oder überwiegend in deutscher Sprache. Ich habe unten noch einige Hinweise auf englischsprachige Podcats ergänzt.

Dieses Verzeichnis wird gepflegt (Neudeutsch: kuratiert). Ich wähle Podcasts aus, werfe nicht mehr erscheinende Podcasts raus (finde heraus, bei welchen Podcasts ich eine Ausnahme mache!), und nehme neue Podcasts zu den Themen New Work und Corporate Learning auf. Seit Juni 2019 (Erscheinen dieses Beitrags) sind immer wieder neue Podcasts aufgenommen worden. Gerne nehme ich Hinweise auf neue Podcasts entgegen.

Update: Seit Oktober 2019 werden Podcasts in der Google-Suche prominent positioniert (ähnlich wie Videos) und können direkt angehört werden.

New Work und Corporate Learning Podcasts

Arbeitsphilosophen – Die Zukunft der Arbeit

Arbeitsphilosophen

Macher Frank Eilers
Turnus Wöchentlich
Schwerpunkte New Work, Zukunft der Arbeit in der Umsetzung, Digitalisierung, Auswirkungen von Arbeit auf das Individuum. Spezialisierte Themenmonate geben den Takt an.

Auf einen Blick ⤒


Corporate Learning Podcast

Corporate Learning Podcast

Macher Corporate Learning Community
Turnus 1-3 mal im Monat
Schwerpunkte Corporate Learning, Einblicke in Veranstaltungen zum Corporate Learning und Aktivitäten der Corporate Learning Community.

Auf einen Blick ⤒


Education NewsCast

Education NewsCast

Macher SAP Training & Enablement
Turnus Wöchentlich, Montags
Schwerpunkte News, Trends, Grundlagen zu den Themen Weiterbildung, Training, Corporate Learning, New Work.

Auf einen Blick ⤒


Firmenfunk Podcast

Firmenfunk

Macher Leonid Lezner
Turnus 2-3 mal im Monat
Schwerpunkte Wandel der Arbeit, sinnstiftende Arbeiten, Kommunikation und Führung.

Auf einen Blick ⤒


How to Hack

How to Hack

Macherin Business Punk, gehostet von Tijen Onaran
Turnus Wöchentlich, Donnerstags
Schwerpunkte Tipps und Hacks fürs Arbeitsleben von erfolgreichen Machern und Macherinnen. Selbstauskunft: „nicht nur Blabla, sondern handfeste Learnings“.

Auf einen Blick ⤒


Der intrinsify Podcast

Intrinsify Podcast

Macher intrinsify.me
Turnus sehr unregelmäßig
Schwerpunkte Inspirationen und Werkzeuge für agile Organisationen, moderne Führung, bullshitfreies Arbeiten und New Work

Auf einen Blick ⤒


Klartext HR

Klartext HR

Macher Stefan Scheller (Persoblogger)
Turnus 1-2 Beiträge im Monat
Schwerpunkte Lernen, New Work, Digitale Transformation, New Management, Change

Auf einen Blick ⤒


Loving HR Podcast

Loving HR Podcast

Macher Jens Kollmann
Turnus Im Juni 2019 eingestellt. Beachtliches Archiv von 57 Beiträgen.
Schwerpunkt Human Resource Management

Auf einen Blick ⤒


managerSeminare – Das Weiterbildungsmagazin

managerSeminare

Macher managerSeminare Verlags GmbH
Turnus Ca. 3 Beiträge im Monat
Schwerpunkte Ausgewählte Artikel des Magazins als Audio-Podcast: Impulse und Trends in der Weiterbildung.

Auf einen Blick ⤒


mindsnack – der Axel Springer Learning Podcast

mindsnack

Macher Axel Springer SE
Turnus Unregelmäßig, 1-2 Beiträge im Monat
Schwerpunkte Learning-Podcast rund um die Themen lebenslanges Lernen, Veränderung & Kultur sowie New Work.

Auf einen Blick ⤒


MoTcast – Masters of Transformation Podcast

MoTcast

Macher Ingo Stoll
Turnus 14tägig
Schwerpunkte Transformation von Gesellschaft, Organisationen und Arbeit, digitale Transformation, Führung, New Work, Innovationskultur.

Auf einen Blick ⤒


New Work Chat

New Work Chat

Macher Gabriel Rath
Turnus häufige Beiträge (unregelmäßig, mehrmals im Monat)
Schwerpunkte

Interviews mit Machern der digitalen Transformation nach ihren größten Learnings. Es geht um vernetztes Arbeiten, disruptives Denken, kulturellen Wandel und die Frage, wie wir unsere Arbeit mit unserem Leben vereinbaren.

Auf einen Blick ⤒


New Work Gedanken

New Work Gedanken

Macher Friederike Euwens und Lea Böhm
Turnus sehr unregelmäßig
Schwerpunkte Interviews mit Menschen aus Unternehmen, die schon anders arbeiten und/oder wirtschaften; die Vielfalt von New Work.

Auf einen Blick ⤒


New Work Heroes Podcast

New Work Heroes Podcast

Macher Jörn Hendrik Ast
Turnus 14tägig
Schwerpunkte Interviews mit „Karrierehelden“ und Lehren aus der Welt des New Work.

Auf einen Blick ⤒


New Work Stories

New Work Stories

Macher NEW WORK SE, gehostet von Lisa (NEW WORK SE) und Alex (Co-Autor von „Good Job!“)
Turnus Wöchentlich, Mittwochs
Schwerpunkte Trends, Insights, Best Practices und spannende Geschichten aus der neuen Arbeitswelt

Auf einen Blick ⤒


On the way to NEW WORK

On the Way to New Work

Macher Michael Trautmann & Christoph Magnussen
Turnus In der Tendenz wöchentlich
Schwerpunkte Es geht sowohl um die technischen Aspekte (remote, KI usw.) von New Work als auch um die Frage, wie Arbeit sinnhaft und erfüllend gelebt werden kann.

Auf einen Blick ⤒


t3n Podcast

t3n

Macher t3n Magazin
Turnus Wöchentlich
Schwerpunkte Die Mission von t3n: „Wir helfen digitalen Pionieren, glücklich zu arbeiten und zu leben“. Dementsprechend IT-lastig und breit ist das Themenspektrum. Es lassen sich allerdings viele Trends für die digitale Transformation in der Gesellschaft und in Unternehmen erlauschen, die in die Bereiche New Work und Corporate Learning hineinstrahlen.

Auf einen Blick ⤒


WORK NEW!

Work New!

Macherin Christine Thiel
Turnus Unregelmäßig, im März 2020 eingestellt
Schwerpunkte Einblicke in den Alltag von Menschen, die agil, digital, remote arbeiten.

Auf einen Blick ⤒


Zukunft der Arbeit Podcast

zukunft der arbeit

Macher Bertelsmann Stiftung
Turnus Unregelmäßig
Schwerpunkte Ideen für die Zukunft der Arbeit – von der künstlichen Intelligenz zum datengetriebenen Personal und dem Arbeitsplatz der Zukunft.

Auf einen Blick ⤒

Englischsprachige HR Podcasts

Ich habe hier deutschsprachige Podcasts gelistet. In englischer Sprache ist das Angebot noch viel breiter, weil die potenzielle Hörerschaft viel größer ist. Daher hier als Ergänzung nur zwei Empfehlungen für englischsprachige HR Podcasts und ein Hinweis auf eine Sammlung von HR Podcasts:

Hello Monday

Hello Monday

Macher Linkedin
Turnus Wöchentlich, Montags
Schwerpunkte Veränderung der Arbeit und der Arbeitswelt, also eigentlich „New Work“ – aber das ist ja auch der Name der Konkurrenz, daher wird hier der Begriff „New Work“ vermieden.

HR Works: The Podcast for Human Resources

HR Works

Macher Chris Ceplenski
Turnus 2 – 3 mal im Monat
Schwerpunkte Human Resources Managament

Eine Sammlung mit über 20 englischsprachigen HR Podcasts findest du bei PlayerFM: Human Resources Podcasts.

Auf einen Blick ⤒


Podcast Bilder bzw. Logos: Die Urheberrechte liegen bei den jeweiligen Rechteinhabern. Beitragsbild: Gerald Petersen

Welche Podcasts hörst du? Welchen Podcast konntest du hier entdecken? Welcher Podcast fehlt dir in dieser Aufstellung? Schreibe einen Kommentar!

Workplace Learning Report 2019: Diese 5 Corporate Learning Trends haben Bedeutung für L&D

Studie

Der Workplace Learning Report 2019 wird von LinkedIn Learning erstellt auf der Basis einer Umfrage unter 3.300 Weiterbildern und Teilnehmern. Die Studie (Download) kommt zusammengefasst zu folgenden Ergebnissen:

1. Learning & Development (L&D) Einheiten bekommen eher die Budgets, um ihre Vorhaben umzusetzen

Über die letzten Jahre sehen weniger L&D Experten „zu wenig Budget“ als Top Herausforderung. Gleichzeitig steigt die Unterstützung für L&D von Seiten der Unternehmensführung. Dass sind deutliche Zeichen dafür, dass die Bedeutung von Corporate Learning vom Top Management höher eingeschätzt wird und L&D als strategischer Partner der Unternehmensführung ernster genommen wird. Good for you!

2. Die Entwicklung von Skills steht bei L&D im Vordergrund.

Talente sind gesucht, und Unternehmen müssen attraktive Arbeitgeber sein. Die Anforderungen an die Fähigkeiten von Mitarbeitern und Führungskräften wachsen und ändern sich. In diesem Umfeld hat L&D die entscheidende Rolle, Fähigkeits-Lücken (skills gaps) zu identifizieren, einzuschätzen und Lernangebote bereitzustellen.

Die 7 Top Fokusbereiche für L&D 2019

  • Fähigkeits-Lücken identifizieren und einschätzen
  • Die Nutzung von Lernangeboten steigern
  • Konzepte für die Karriereentwicklung auf die Beine stellen
  • Konsistente Lernangebote für die weltweite Nutzung anbieten
  • Soft Skills trainieren
  • Unternehmensspezifische Besonderheiten berücksichtigen
  • Die Auswirkungen von Technologien auf die Entwicklung von Fähigkeiten verstehen

Beitragsende ↧

3. Lerner möchten zu einen hohen Anteil selbst entscheiden, wann, wo und wie sie lernen.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Alle wollen lernen, aber alle jammern, sie hätten keine Zeit zum Lernen. Was wohl dahinter steckt, ist das Bedürfnis, mehr als bisher frei über Lernziele, Lerninhalte, Lernmethoden und Lernzeiten verfügen zu können. Dieses Bedürfnis ist bei Angehörigen der Generation Y und den Millenials noch höher ausgeprägt (ca. 43%) als bei Angehörigen der Generation X und den Babyboomern (ca. 33%). Online Learning wird in der Studie als Ansatz gesehen, diesem Bedürfnis entgegenzukommen.

4. L&D sollte mehr Aufwand für internes Marketing investieren, damit Lernangebote im Unternehmen stärker genutzt werden.

Der Workplace Learning Report sieht zwei Ansätze für L&D, mehr Lerner für die eigenen Angebote zu gewinnen.

  • L&D sollte mehr internes Marketing machen, zum Beispiel mit E-Mails oder Hinweisen im Intranet.
  • L&D sollte mehr auf die Manager im Unternehmen zugehen, damit die Führungskräfte ihre Mitarbeiter anregen, sich weiterzubilden.

Dass dieser Ansatz gut funktionieren kann, zeigen folgende Befunde: 75% der Mitarbeiter würden gerne an einer Weiterbildung teilnehmen, die ihre Führungskraft empfiehlt. Demgegenüber sagen nur 46% der Mitarbeiter, dass sie aufgrund von Hinweisen von Ihren Führungskräften an einer Weiterbildung teilnehmen. Das bedeutet: Empfehlungen von Führungskräften werden von Lernern sehr geschätzt – und L&D könnte diese Erkenntnis besser nutzen.

5. Soft Skills matter!

Für spezifische Rollen im Unternehmen sind die entsprechenden Hard Skills unabdingbar (zum Beispiel bestimmte IT-Fähigkeiten). Was aber wirklich alle Mitarbeiter mit Schlüsselrollen im Unternehmen benötigen, sind Soft Skills.

Welche Soft Skills sind die wichtigsten? Eine Analyse von LinkedIn-Daten ergab:

  • Kreativität
  • Beeinflussungsfähigkeit
  • Analytische Fähigkeiten
  • Fähigkeiten zur Zusammenarbeit
  • Flexibilität / Anpassungsfähigkeit

Fazit

L&D hat komplexe Herausforderungen zu meistern: Es gilt, die wichtigsten Fokusbereiche simultan zu managen und den Lernern exzellente Soft Skills Trainings zur Verfügung zu stellen.

Weiterbildungskultur – aber wie?

In The News

Bundesbildungsministerin Anja Karlicek setzt eine nationale Weiterbildungsstrategie und einen Nationaler Bildungsrat auf. Sie sagt (hier):

Wir müssen eine echte Weiterbildungskultur entwickeln. Weiterbildung im Beruf muss in der Zukunft zum Arbeitsalltag gehören.

Das ist zweifellos richtig. Zwei Fragen stellen sich mir:

  • Warum klingt das so altbacken? Man muss ja nicht gleich #SmartSchland (habe ich mir ausgedacht) ausrufen, aber man könnte z.B. die Unterscheidung „Bildung“ und „Weiterbildung“ aufgeben und von „Lernkultur“ sprechen.
  • Warum kommt die Politik nicht in die Puschen? Ich beantworte mir die Frage selbst:
  • Es ist schwierig, die unterschiedlichen Interessengruppen unter einen Hut zu bekommen.
  • Die föderale Hoheit in der Bildung erweist sich wieder mal als Hemmschuh.
  • Es gibt eine ganze Reihe von Initiativen, und eine klare strategische Ausrichtung fehlt.

Den letzten Punkt kritisiert DGB-Vize Hannack im Handelsblatt:

Die Koalition etabliert zurzeit eine Flut von unterschiedlichen Gremien: den Nationalen Bildungsrat, die Nationale Weiterbildungsstrategie, eine Allianz für Aus- und Weiterbildung, eine Enquete-Kommission für berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt, einen Berufsbildungspakt – da muss schon geklärt werden, welches Gremium welche Aufgaben übernimmt. Eine Kakofonie der Gremien sollten wir tunlichst vermeiden.

Insgesamt entsteht bei mir der Eindruck, dass die Bildungspolitik ziemlich langsam und umständlich gestaltet wird. Können wir uns das in einer Zeit des immer schneller werdenden Wandels noch leisten? Ich plädiere für mehr Zentralismus (ja, auch wenn das bei Landespolitikern nicht gut ankommt), weniger Gremien (ja, auch wenn das bei vielen bereits gebildeten Gremien nicht gut ankommt), und die Besetzung von Gremien mit mehr Experten (ja, auch wenn das bei Interessenvertretern nicht gut ankommt).

everskill – Transfer mit digitalem Coach

Handy in der Hand und gleichzeitig lernen? Das ist, wenn es um zwischenmenschliche Fähigkeiten geht, ein scheinbarer Widerspruch. Wir können über das Handy Informationen recherchieren, Wissen akkumulieren, Informationen austauschen, aber nicht Einflussfähigkeiten oder emotionale Intelligenz lernen. Die Auflösung des Widerspruchs liegt in der Kombination: Ich lerne in der Realität und mache echte Erfahrungen – und eine App unterstützt mich beim Transfer. Ich kann nicht nur auf Inhalte zugreifen, sondern auch eigene Lernziele verfolgen, die Anwendung planen, meinen Erfolg messen, und mich mit anderen Teilnehmern austauschen. Das ist die Idee von everskill: Ein digitaler Coach zum Dabeihaben. everskill („Reinventing Corporate Training“) motiviert Teilnehmer von Soft-Skill-Trainings, die gelernten Fähigkeiten in ihren Arbeitsalltag zu integrieren. Ich spreche mit Dr. Daniel Schmelzer, Managing Director von everskill.

Daniel Schmelzer, everskill
Daniel Schmelzer, everskill

Wir müssen Training wie Sport denken und nicht wie Mathe auf der Schulbank.

Die Idee der Verbindung von Präsenztraining und digitaler Transferunterstützung gefällt mir sehr gut. Was zeichnet im Kern die Lösung everskill aus?

Wir versuchen nicht, das Präsenztraining durch ein digitales Angebot zu ersetzen und das gleiche zu machen, nur digital. Das wäre ja die alte Schulbank. Wir gehen einen komplett neuen Weg im Blended Learning, nämlich: Verbindung von Präsenztraining und App zur Transferunterstützung. Die App ergänzt das Präsenztraining. Wir sagen „hey, du hast gute neue Inhalte bekommen, jetzt ist es wichtig, die zu trainieren“. Wir müssen Training wie Sport denken und nicht wie Mathe auf der Schulbank. Fähigkeiten lernt man nicht durch Theorieinput, sondern wenn man es tut.

Woher kam der Anstoß für die Entwicklung von everskill?

Ich habe in Verhaltenspsychologie über Kommunikationsverhalten promoviert. In der Forschung habe ich mich gefragt – wenn man gutes Kommunikationsverhalten kennt – wie würde man das trainieren? Und das ist nicht so trivial. Wenn man zum Beispiel an ein Präsentationstraining denkt, und jemand sagt „lassen Sie doch die ‚Ähms‘ weg“, dann ist das für viele schwer, die eigene Kommunikation anzupassen. Ich war dann 7 Jahre bei der Boston Consulting Group als Berater und habe auch da oft solche Herausforderungen gesehen. Verhaltensänderungen scheitern nicht am Inhalt, sondern in der Umsetzung. Das ist so wie mit einer Diät: Ich weiß, wie es geht – aber wenn ich Erfolge sehen will, muss ich es auch machen.

Ich sage immer: Kennen ist nicht Können. Viele kennen Feedback, viele kennen Schulz von Thun – das zu können, das umzusetzen, ist die Herausforderung.

Ganz genau.

everskill Logo

Wohin entwickelt sich Blended Learning? Wie sieht die Zukunft des Lernens in Organisationen aus?

Eine sehr bedeutende Frage. Ich hoffe, dass wir aufhören, Training wie Schule zu betrachten. Und dass wir aufhören, Blended Learning so zu verstehen, dass wir das Alte in neuen Schläuchen vermitteln. Ich hoffe, dass wir aufhören mit dieser Vorgehensweise: Ich nehme die Trainingsunterlage, mache da ein Video draus, 5 Micro-Learning-Einheiten, ein Quiz, und habe damit das Training dupliziert. Ich möchte, dass wir Lernen und Training neu denken. Dass wir Fertigkeiten neu denken. Dass wir die Fertigkeiten anwenden und probieren. Wenn wir das schaffen, revolutionieren wir die Lernkultur in Unternehmen. E-Learning hat seine Berechtigung, indem es gute Lerninhalte skaliert. Ich glaube aber, das ist nur ein kleiner Teil. Fertigkeiten lassen sich nicht als digitales Medium vermitteln. Wenn es um Fertigkeiten geht, dann geht es um persönliche Interaktion.

Wieviele Menschen verwenden everskill?

Wir haben pro Zeiteinheit einige Tausend Menschen auf unserer Plattform. Wir arbeiten mit vielen großen deutschen Unternehmen zusammen, zum Beispiel Siemens, Deutsche Vermögensberatung oder Kienbaum. Als junges Unternehmen haben wir natürlich noch Luft nach oben.

Wie sind die Rückmeldungen der Lernenden, welche Erfahrungen machen die Lernenden?

Die entscheidende Frage ist: Wie viele Menschen in einem Training sind tatsächlich bereit, zu lernen? Wir gehen implizit davon aus, dass alle Teilnehmer lernwillig sind, in der Realität ist das bei einigen Teilnehmern nicht der Fall. Mit everskill sehen wir allerdings genau, welche Teilnehmer auch nach dem Training noch engagiert sind und welche nicht weiter machen. Die Mehrheit der Teilnehmer ist lernwillig und bleibt auch nach dem Training am Ball. Wir erreichen nicht deshalb viele, weil wir digitalisieren, sondern weil Menschen lernen wollen.

Ein wunderbares Schlusswort, dankeschön!