Wirkungsvoll kommunizieren im digitalen Zeitalter

Wirkungsvoll kommunizieren im digitalen Zeitalter

Gestern habe ich in dem unprätentiösen und nicht nur deshalb zu empfehlendem Podcast „Online-Geister“ gelernt, dass wir Menschen seit ca. 500.000 Jahren die physiologische Voraussetzung haben zu sprechen und seit ca. 250.000 Jahren tatsächlich eine Sprache besitzen.

Im Jahr 2020 haben wir aber nicht nur unsere Sprache, sondern auch eine Vielzahl an kommunikativen und digitalen Tools, die uns helfen, wirkungsvoll zu kommunizieren: Skype for Business, MS Teams, Zoom, Webex Meetings, Yammer oder Conceptboard.
Wie schaffen wir es, bewusst und zielgerichtet mit diesen Tools im digitalen Raum zu kommunizieren, so dass wir uns sicher sind, dass unsere Botschaft bei der richtigen Zielgruppe über den richtigen Kanal wirkt? Wie erlernen wir eine bewusste und effiziente Kommunikation mit Hilfe der Infrastruktur, die unser Unternehmen uns zur Verfügung stellt. Dieser Fragestellung gehen wir seit 2016 für die Siemens AG in dem Live Online Training DIGICOM nach.

Hier gilt, nichts ist so beständig wie der Wandel. Art der Tools und deren Vielzahl ändern sich, wie sich unsere Arbeit ändert. Neue Features und damit auch Möglichkeiten in der Zusammenarbeit und Problemlösung kommen hinzu. Das souveräne Agieren im digitalen Raum ist heute einerseits von dem Wissen der Möglichkeiten, die die Tools bieten bestimmt und gleichzeitig von meinen kommunikativen Fähigkeiten.

Diesen Aspekt vertieft die Product Ownerin von Siemens Learning Campus Dr. Theresia Tauber so:

In unserem Live Online Seminar DIGICOM lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihrem Kontext und mit ihren Problemstellungen aus dem Arbeitsalltag ihr kommunikatives Anliegen mit den digitalen Tools umzusetzen. Daher werden Tools nicht als zusätzlich zu erlernende Programme gesehen, sondern als Gebrauchsgegenstände, die der eigenen Arbeit dienen. Deshalb ist DIGICOM keine Toolschulung, sondern ein ganzheitliches Kommunikations-Seminar, das sofort den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hilft.“

Wir erarbeiten im DIGICOM individuelle Kommunikationspläne für herausfordernde, kommunikative Fälle der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ein typischer Fall ist der Aufbau und das Implementieren einer modernen Kommunikations-Struktur für das Projektmanagement. Welche Projektmitglieder muss ich wofür erreichen? Mit welchen Tools wird was kommuniziert. Welche Inhalte können asynchron auf Kollaborations-Plattformen behandelt werden und vor allen Dingen, wie etablieren ich und meine Projektmitglieder die Kommunikationswege.

Das Rahmen-Konzept der 7 Schritte der digitalen Kommunikation strukturiert die Fälle, so dass am Ende des Seminars jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer einen klaren Fahrplan besitzt, wie das kommunikative Anliegen umgesetzt wird: Bewusst und zielgerichtet, mit der richtigen Kommunikation und den richtigen Tools. 

Weitere Informationen zu dem Live Online Seminar erhalten Sie hier >>>

Beitragsbild: Foto von fauxels (Pexels)

Lernbegleiter für neugierige Menschen

Benjamin Jaksch bezeichnet sich selbst als Lernbegleiter für neugierige Menschen. Er sagt über sich selbst: „Wenn ich daran denke, dass ich Menschen dabei helfen kann, etwas Neues zu lernen, zu verstehen oder etwas Neues über sich selbst zu erfahren, dann bekomme ich jedes Mal Gänsehaut dabei.“

Benjamin Jaksch

Benjamin hat mit mir über eine Stunde zu dem Thema Lernen gesprochen. Wenn das Interview bei LinkedIn gepostet wird, werden wir lesen, dass es ein „3 min read“ ist. Die Frische, jenseits von Marketing-Sprech und Enthusiast -Evangelist Getrommel, mit der Benjamin Jaksch seine zu dem Thema Lernen gewachsene Überzeugungen darlegte, lässt sich dabei schwerlich in einem „3 min read“ abbilden. Deshalb lasst uns auf das Wesentliche konzentrieren, das Lernen.

Was ist Lernen?

Für mich ist die psychologische Definition von Lernen stimmig. Lernen hat dann stattgefunden, wenn ein Mensch sich zu einem späteren Zeitpunkt B bei gleicher Situation anders verhält als zu einem früheren Zeitpunkt A.

Und wie funktioniert das Lernen?

Heute ist mehr Information auf der Welt und verfügbarer als je zuvor. Durch Bücher, Podcasts und Videos konsumierte Information kann sicherlich zu einer Veränderung führen, allerdings ist diese dann eher zufällig. Zielgerichtetes Lernen, das die Umsetzung und Anwendung von Information ist, folgt aus meiner Sicht einem Dreiklang:

  1. Ein Verständnis davon haben, was tatsächlich mein Problem ist
  2. Mein Verständnis (und eigentlich die Information) in einen persönlichen Kontext transformieren
  3. Mein „neues“ Verhalten beobachten, analysieren und adaptieren

Kannst du das konkretisieren?

Lernen ist Ausprobieren. Lernen geschieht in der Überforderung. Wenn ich mich unsicher fühle, wenn mein Gehirn also eine emotionale Labilität erfährt, dann wird ein Sog ausgelöst, dass nach einer emotionalen Stabilität, einem Gleichgewicht strebt. Wir erfahren den echten Bedarf von Lernen. Das erfahren wir nicht, wenn unser Gehirn auf Bestätigung oder Beschäftigung bei Filmeschauen oder beim Internetsurfen programmiert ist.

Wenn wir Kleinkindern ein Buch vorlesen, dann ist es überfordert. Es kennt vielleicht nur die Hälfte der Wörter, die es jetzt hört und trotzdem baut das Gehirn daraus etwas, was Sinn für das Kind macht. Es beobachtet, es analysiert und es adaptiert. Dieses beobachten, analysieren und adaptieren dürfen wir Erwachsenen auch nicht verlernen, um lebenslanges Lernen zu verwirklichen.

Wo ist dann da deine Dienstleistung als „Lernbegleiter von neugierigen Menschen“?

Ich als Lernbegleiter kann den Lernenden in ihrer Überforderung Halt und Hilfestellung geben. Ich kann einen Raum schaffen, in denen das Lernen stattfindet. Ein zentraler Aspekt ist, kann ich mit den Lernenden das Problem identifizieren und ist den Lernenden bewusst, welche neuen Fertigkeiten sie benötigen, um das Problem zu lösen? Gute Lernbegleiter stoßen die Lernenden auf Dinge, von denen aus die Lernenden intrinsisch motiviert loslegen können. Denn im Endeffekt müssen es die Lernenden selbst machen, das neue Verhalten zu zeigen, auszuprobieren und zu adaptieren.

Welche „neugierigen Menschen“ kommen zu dir?

Neugierig können alle Menschen sein. Ich arbeite sowohl mit Jugendlichen im schulischen Kontext als auch mit Führungskräften. Und bei beiden Gruppen sehe ich meine Aufgabe darin, ein Verständnis zu entwickeln, was benötigt wird um bestehende Probleme zu lösen und dass es sich um lösbare Probleme handelt. Dabei ist mir wichtig, dass die Lernenden nicht von mir abhängig sind. Denn ob das Problem gelöst wird, liegt nicht in meiner Hand.

Wie werden diese neugierigen Menschen auf dich aufmerksam?

Meine Dienstleistung ist schwer in den von Marketing empfohlenen Strategien – wie zum Beispiel eine Nische zu besetzen – abzubilden. Ich mache natürlich Content-Marketing, aber ansonsten gehe ich bewusst weg von den Marketing Gedanken. Ich möchte, dass die Menschen wegen mir mit mir zusammenarbeiten und nicht wegen einem Label. Daher halte ich mein Angebot bewusst diffus, damit in der echten Begegnung unvoreingenommen Resonanz erzeugt werden kann. In der echten Begegnung kann ich ganzheitlich, authentisch und stimmig sein.

Vielen Dank und an unsere Leser und Leserinnen die Bitte, kontaktieren Sie Ben, damit Sie ihn in seiner Realness genauso erleben, wie er ist.

Der Aufbau einer neuen L&D Einheit bei Siemens Energy Learning. Ein Interview mit Alexa Hardtke

Seit April 2020 ist Siemens Energy, in dem das weltweite Energiegeschäft von Siemens gebündelt ist, ein eigenständig geführtes Unternehmen. Zu dieser Eigenständigkeit gehört selbstverständlich auch eine eigene L&D Einheit, die die Anforderungen im Energiegeschäft kennt und auf die spezifischen Lernbedürfnisse der Mitarbeiter*innen eingehen kann. 47 Lernexperten umfasst diese neue Einheit derzeit, Alexa Hardtke ist eine von ihnen. Sie hat wie ihre Kolleg*innen die spannende Herausforderung angenommen, die 88.000 Lernenden im neuen Unternehmen mit den richtigen Lösungen zu versorgen. Ihre Expertise bringt sie von Siemens Global Learning Campus mit, wo sie sich als Senior Consultant und Trainerin unter anderem um Trainings und Projekte auf dem weiten Feld der Kommunikationsthemen gekümmert hat. Schon früh hat sie außerdem E-Learnings entwickelt, u.a. war sie inhaltlich verantwortlich für das größte Web Based Training von Siemens, das allen neuen Mitarbeiter*innen weltweit – immerhin zwischen 25.000 und 30.000 pro Jahr – den Einstieg ins Unternehmen erleichtert.

Alexa Hardtke
Alexa Hardtke

Eine neue L&D Einheit aufzubauen stelle ich mir als unglaublich reizvolle Aufgabe vor. Was ist Eure Vision von Eurer Einheit, dem Siemens Energy Learning?

Das ist tatsächlich eine reizvolle Aufgabe. Denn wir sind komplett auf der grünen Wiese gestartet. Die Erfahrung, die wir alle aus unseren vorherigen Jobs als Lernexperten mitbringen, hilft uns jetzt dabei, Siemens Energy Learning von Grund auf neu zu gestalten. Die Vision ist es, dass sowohl einzelne Mitarbeiter*innen als auch Teams und ganze Organisationseinheiten mit uns ihre Aufgaben besser erfüllen als ohne uns. Für sie wollen wir passende und effektive Lernlösungen anbieten – weltweit. Lernlösungen in dem Sinne, dass wir als vertrauensvoller Partner den 88.000 Kolleg*innen die für sie beste Maßnahme bereitstellen und sie fit für die Zukunft machen. Das kommt natürlich dem ganzen Unternehmen zugute. Denn nur Mitarbeiter, die auf aktuelle und kommende Herausforderungen vorbereitet sind, sind in der Lage, die Unternehmensziele umzusetzen.

Welche Maßnahmen können das sein?

Da bedienen wir uns der gesamten Palette an Tools und Maßnahmen, die die Lernenden unterstützen. Coaching, Workshops, virtuelle und Präsenz-Seminare, E-Learning in vielen verschiedenen Formaten, maßgeschneiderte Trainings für Teams und Learning Consulting für ganze Organisationseinheiten. Aktuell bauen wir eine Learning Experience Plattform auf, die die Klammer zu unserem gesamten Angebot bildet.

Welche Herausforderungen erleben Sie aktuell?

Wir bauen jetzt unsere Einheit bis Oktober auf und gleichzeitig liefern wir bereits. Hinzu kommt das Ausprobieren und Integrieren der VUKA Welt und von New Work. Wie gehen wir mit dem agilen Lernen um? Wie werden wir dem gerecht, dass sich die Rolle der Lernenden verändert, dass beispielsweise in einem Team abwechselnd alle im Lern-Lead sind und eben nicht nur eine Person. Wie unterstützen wir beim „Learning on the Job“? Das sind Fragen, mit denen wir uns beschäftigen.

Was ist hier wichtig in der Abgrenzung zu dem Siemens Global Learning Campus der Siemens AG?

Wir wollen und werden kein zweiter Global Learning Campus sein. Wir verstehen das spezielle Energiegeschäft unserer Kunden und stimmen daraufhin unsere Angebote ab. So sind wir gerade dabei, die Projektmanagement-Ausbildung und den damit verbundenen Zertifizierungsprozess komplett auf Energy auszurichten, mit den Themen und Tools, die im Energy Business benötigt werden. Zu verstehen, wie die Arbeit unserer Kolleg*innen aussieht und was sie brauchen, steht im Fokus.

Und was haben Sie von Global Learning Campus mitgenommen?

Einerseits haben wir unsere Kontakte und unseren hervorragenden Trainerpool mitgenommen. Zusätzlich hatten wir die Möglichkeit, E-Learning Konzepte, die wir bei Siemens bereits ausprobiert und eingesetzt haben, die also weit über die Proof of Concept-Phase hinaus waren, mitzunehmen und für Energy anzupassen. Natürlich profitieren wir grundsätzlich von den vielen Erfahrungen, die wir bei Global Learning Campus gesammelt haben. Unter anderem von der Erfahrung, dass sich vieles auch virtuell realisieren lässt.

Was macht Ihnen persönlich am meisten Spaß an der neuen Aufgabe?

Siemens Energy Learning ist zentralfinanziert. Das heißt, wir L&D-Experten können uns voll mit unseren Ideen und unserer Kreativität einbringen, ohne dass unsere Arbeitskraft von einem internen Investor – einem Auftraggeber – finanziert werden muss. Das gibt uns die Gelegenheit, wertvolle Konzepte Energy-weit ohne Kosten anzubieten – zumindest solange wir keinen externen Partner mit ins Boot holen, was natürlich auch vorkommen wird. So haben wir zum Beispiel vor Kurzem ein neues Format namens Learning Hour entwickelt – eine regelmäßige Veranstaltung, in denen wir aktuelle Lernhöhepunkte einem breiten Publikum virtuell vorstellen und uns dazu austauschen. Ganz neu gibt es auch die Methodenwerkstatt, in der wir mit einem begrenzten Teilnehmerkreis Lernthemen vertiefen. Eine Art Spielwiese, experimenteller und interaktiver als die Learning Hour, um neue Tools und Möglichkeiten der Vermittlung auszuprobieren – alles natürlich virtuell.

Frau Hardtke, ich will Sie gar nicht weiter von Ihrer spannenden Arbeit abhalten und bedanke mich für Ihre Zeit und Ihre Antworten und wünsche viel Erfolg mit Energy.

Die Auseinandersetzung mit dem Musikhören und das Lernen

Musik

“He, ist das nicht The XX?“ fragte ich den netten Teilnehmer im Workshop, der während der Pause auf seinem Laptop Musik spielte. „Keine Ahnung, was das ist. Ich höre einfach Spotify Listen. Für mich ist Musik Commodity.”

Wie kann man so etwas sagen? Der Soul von Marvin Gaye, der Punkrock von The Clash, der Hip Hop von The Roots eine im Hintergrund konsumierbare Ware, ohne affektive und kognitive Tiefe? Lieder, in die so viel Herzblut gesteckt wurden, Botschaften und Gefühle und Wissen transportiert werden, soll Hintergrundmusik in Zweckgebäuden sein? Was für ein ungelebtes Leben.

Der Podcast „Song Exploder“ erklärt uns seit über 180 Folgen, mit welcher Raffinesse Künstler ein Lied zusammenbauen und schrauben, damit es einen einzigartigen Sound erhält. Da ist jede schnelle Beurteilung eines von einer Spotify Playlist gespielten Songs mit schnellem Weiterklicken ohne Auseinandersetzung beim Hören eine Ohrfeige an die Musiker.

Die Aufregung endlich eine neue physische Langspiel-Platte zu haben, mit feuchten Fingerchen zu öffnen und zu hören erzeugt im Gehirn eine ganz andere Bereitschaft, sich auf das Werk ein- und die Synapsen verändern zu lassen. Die Schallplatte wird aus der Hülle genommen, auf den Plattenspieler positioniert, der Tonarm auf den Anfang gestellt. Man sinkt in den Sessel, betrachtet das Artwork und studiert die Texte.

Neue Technik ist natürlich toll und Streaming Dienste bereichern uns ungemein. Sie sind unter anderem eine Möglichkeit, zu explorieren und neue Musik kennenzulernen. Spotify ist eine gigantische Ressource, die unsere musikalische Kultur auf Knopfdruck oder per Voice abruft. Stimmt die Selbstmotivation und Disziplin sich auch mit sperrigen Songs auseinanderzusetzen und bei ersten Frustrationen, der Tendenz zum Weiterklicken zu widerstehen, kann natürlich ein der Schallplatte vergleichbarer „in den Sessel sinkender“ Musikgenuss entstehen. Die Erfahrung allerdings zeigt, dass man dann doch, wie bei so vielen aus dem Füllhorn des Internets, in den tragischen Zustand eines Kindes im Spielzeugladen, das schon alles hat, verfällt und nur wenig Aufmerksamkeit zur Auseinandersetzung aufbringt und auf „weiter“ klickt.

Wenn ich mich allerdings auf eine Veröffentlichung einer Platte freue und mich schon im Vorfeld damit auseinandersetze und auf Pitchfork oder Musikexpress darüber lese, dann habe ich die Bereitschaft, dieser Platte viel Aufmerksamkeit zu geben.

Wie sieht das im Fall des Lernens aus? Ich habe eine hohe Bereitschaft selbstmotiviert die Weiten der Lernresource des Netzes zu explorieren, wenn meine Problemstellung klar ist: „Wie übertrage ich csv-Dateien in eine Datenbank“, „Was heißt Bandscheibe auf Englisch?“ oder „Wie komme ich in die Innenstadt?“

Anders sieht es aus, wenn es um das Lernen von Verhaltensweisen geht, die meine soziale Interaktion betreffen. Diese Verhaltensweisen haben sich über Jahre eingeschliffen und sind in mir verankert. Vielleicht habe ich ein Bedürfnis diese zu ändern, weil ich erkenne oder ahne, dass sie mich in Konfliktsituationen verleiten oder wenig souverän im Umgang mit anderen erscheinen lassen. Vielleicht fehlen mir gar kommunikative Fertigkeiten, mit denen ich meine Arbeitsziele besser erreichen kann.

Dann ein Filmchen über die 4-Ohren des wirklich ehrenwerten Herrn Schultz von Thun zu schauen, bringt vielleicht einen interessanten Gedanken, der dann aber wieder in der Kakophonie des Arbeitsalltags untergeht. Veränderungen von kommunikativen Verhaltensweisen heißt aber ausprobieren, attraktive Simulationen nutzen, üben, schwitzen und überlegen, wie könnte ich mich besser verhalten. Das heißt auch Frustration zu durchbrechen, weil eingefahrene weniger funktionale Verhaltensweisen nicht gleich überschrieben werden. Hier benötigen die Lernenden ein Setting, das motiviert und kognitive und affektive Tiefe schafft, so dass ein Weiterprobieren nach Fehlversuchen wahrscheinlich macht und nicht zum schnellen Weiterklicken einlädt.

Virtuelle Nähe

Barbarba Engel

Barbara Engel verbindet Menschen, um ein gemeinsames wirkungsvolles Handeln zu ermöglichen. Sie hat eine Leidenschaft dafür, die Pfade von Einzelnen zu verweben sowie starke und nachhaltige Beziehungen in Teams und Communities zu schaffen. Wir haben uns vor mehr als 13 Jahren beim Seminar Positive Power and Influence in Grassau kennengelernt. Das war ihr erstes Kommunikationsseminar in Ihrer Cybersecurity Laufbahn bei Siemens. Vor kurzem bin ich auf ihr Webinar zum Thema virtuelle Nähe aufmerksam geworden.

Die Antwort auf Social Distancing scheint virtuelle Nähe. Die große Frage ist, wie kann ich diese virtuelle Nähe erzeugen?

Für mich hat das ganz viel mit dem Verhalten und der Fragetechnik des Moderators zu tun. Wenn ich als Moderator des Meetings gut in meinem eigenen Körper präsent bin und immer wieder in mich rein spüre, wie stark ich mich gerade mit den anderen Teilnehmer*innen verbunden fühle, kann ich dieses Bewusstsein als Stellschraube benutzen.

Was empfiehlst Du all den Menschen im Home-Office, dass auch sie leicht und schnell virtuelle Nähe erzeugen?

Ganz konkret heißt das beispielsweise, ganz am Anfang mit einer oder sogar einer Reihe von Check-In Fragen zu starten die Nähe erzeugen. Die Frage „Wo befindest du dich gerade örtlich und räumlich?” regt unser räumliches Vorstellungsvermögen an und gibt uns ein Gefühl dafür, wie das Umfeld aussieht an dem sich mein Gegenüber befindet. Dies kann gefolgt sein durch die Einladung, auch etwas Persönlicheres Preis zu geben, wie zum Beispiel durch „Womit umgibst du dich gerade an dem Ort, an dem du bist? Zeig mir einen persönlichen Gegenstand und sag kurz dazu, was du damit verbindest.” Und je nach Gruppe ist es dann auch noch möglich ein Stück weiter zu gehen – auch mit Fragen die richtig ans Eingemachte gehen um auch Ängste und Sorgen preis zu geben. Dadurch entsteht neben Nähe auch noch sehr viel Vertrauen innerhalb der Gruppe.

Welche Tools der virtuellen Zusammenarbeit nutzt Du und warum?

Eine Grundvoraussetzung für mich ist die Möglichkeit während des Gesprächs auch eine visuelle Verbindung zu meinem Gegenüber zu haben. Zumindest am Anfang kurz das Video anzuschalten und mein Gegenüber zu sehen ist aus meiner Sicht essentiell – vor allem bei Erstkontakten. Aktuell nutze ich ganz gerne Zoom, weil es in der Kachelansicht die Möglichkeit gibt eine größere Anzahl von Teilnehmer*innen gleichzeitig zu sehen – und weil ich damit so genannte „Break-Out Rooms” für Kleingruppenarbeit machen kann. Je nach Anwendungsfall kombiniere ich diese Art der Videokonferenz gerne mit anderen Tools die andere Aspekte abdecken, wie beispielsweise digitale Whiteboards zum gemeinsamen Brainstorming oder visuellem Erarbeiten von Dingen. In einem länger andauernden Projekt kann es Sinn machen ein Kanban Board zur Transparenz von Aufgaben oder ein Art Chat-Tool wie beispielsweise Slack mit zu kombinieren. Doch die persönliche Auswahl ist mit Sicherheit von verschiedenen Aspekten abhängig und sollte auch unter Gesichtspunkten der Datensicherheit und des Datenschutzes persönlich betrachtet werden.

Wer jetzt neugierig geworden ist, wie kann er oder sie noch mehr zur virtuellen Nähe lernen?

Für mich hängt virtuelle Nähe sehr stark auch mit Vertrauen zusammen. Als ich meinen Lern- und Erfahrungsraum zu Nähe und Vertrauen im virtuellen Umfeld vorbereitet habe, habe ich ein Buch wiederentdeckt, das schon seit ein paar Jahren in meinem Bücherregal stand. Es heißt Vertrauen führt” von Reinhard K. Sprenger. Eigentlich für die Anwendung für Führungsprinzipien in Unternehmen gemacht, finde ich, dass es viele Analogien zum virtuellen Arbeiten gibt. Am 17. April von 8:05 bis 9:25 Uhr und am 26. April von 9:35 bis 10:55 Uhr werde ich nochmal meinen Lern- und Erfahrungsraum im Webinar Nähe und Vertrauen im virtuellen Umfeld schaffen öffnen. Da könnt ihr dann auch einige der Konzepte selbst ausprobieren und euch beispielsweise in verschiedenen Ebenen des Zuhörens üben.

Super, vielen Dank Barbara für Deine spannenden Antworten und viel Spaß beim Webinar.

Welche Tools der virtuellen Zusammenarbeit eignen sich für welche Aufgaben?

Tools zur virtuellen Kommunikation und Zusammenarbeit sind natürlich heute gefragter denn je. Dabei gibt es eine hohe Dynamik in der für die Mitarbeiter zur Verfügung gestellten Toollandschaft in Unternehmen. Nicht selten fühlen sich die Mitarbeiter alleingelassen, wann welches Tool eingesetzt werden soll. Bei Einführungsveranstaltungen zu immer wieder neuen Tools fällt oft der Satz: „Probiert es aus und nutzt es für die Aufgaben, bei denen ihr das Tool als sinnvoll erachtet.“

Wir sind in dem Seminar „Wirkungsvoll kommunizieren im digitalen Zeitalter“ der Fragestellung nachgegangen, für welche Aufgabenstellung welches Tool das sinnvollste ist. Die erarbeiteten Antworten sind die Mittelwerte aus 25 Seminaren mit durchschnittlich 10 Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus dem Jahr 2017 bis 2019.

Die Eignung eines Tools für eine bestimmte Aufgabe haben wir drei Kategorien zugeordnet:

+++ : Sehr gut geeignet
++ : Geeignet
+ : Unter Umständen geeignet

Kick-Off eines Projektes: Die Annahme ist, dass sich noch nicht alle Projektmitglieder kennen. Eine häufige Aussage im Seminar ist, wir müssen uns einmal gesehen (Face to Face) haben, damit wir ein Gefühl bekommen, wie der oder die andere tickt. Ein physisches Kennenlernen erleichtert es auch, dass in der digitalen Kommunikation die Beziehungsseite stärker zum Schwingen kommt.

Umfrage: Für schnelle nicht aufwendige Umfragen (Polls) eignen sich mittlerweile die meisten Enterprise Social Networks. Auch Outlook bietet eine Umfragefunktion.

Gemeinsames Erstellen eines Whitepapers: Diese Aufgabenstellung steht synonym für das gemeinsame Erstellen von Dokumenten oder Präsentationen. Conceptboard – ein riesiges digitales Whiteboard – eignet sich laut den Teilnehmern des Seminars besonders gut. Der gemeinsame Zugriff auf und das gemeinsame Arbeiten in PowerPoint oder Word wird mittlerweile von Office365 unterstützt.

Verfahrensanweisungen: Eine große Fragestellung mit dem Einzug vieler Tools der virtuellen Zusammenarbeit ist, wo finde ich welche Information. Die überwiegende Meinung der Teilnehmer ist, dass Verfahrensanweisungen in den Wikis als verlässliche und leicht abrufbare Information abgelegt werden sollten.

Status Meeting Team: Wer hat welches Action Item abgearbeitet? Was sind die Arbeitsergebnisse? Falls das Team an einem Ort ist, so sollte sich physisch getroffen werden, falls nicht kommt die Web-Conference zum Einsatz. Teilnehmer nutzen vermehrt das Enterprise Social Network Yammer in Verbindung mit MS Planner, um den Status der Aufgaben ans Team zu kommunizieren. Die Yammer-Gruppe dient der Diskussion. MS Planner gibt den Status an.

Konfliktgespräch: Konflikte sollen persönlich besprochen werden. Eine ironische Aussage war: „Warum soll ich bei jemanden vorbeigehen, wenn ich den Konflikt auch mit 8 Stunden WhatsApp lösen könnte.“ Wir haben einige traurige und lustige Beispiele gehört, wie Menschen versucht haben, mit digitaler Kommunikation Konflikte zu lösen.

Unterstützung bei einem Problem: Ich arbeite an etwas, komme aber nicht voran. Was kann ich tun? Früher konnte ich die Experten fragen, die ich eben kannte. Heute kann ich dank Social Networks auf eine Vielzahl von Experten zugreifen, die über meinen Bekanntenkreis hinausgehen. Natürlich kann ich auch auf Videoplattformen und Wikis stöbern, um Antworten auf mein Problem zu erhalten. Ein Teilnehmer sagte dennoch: „Ich frage meist meine direkten Kollegen. Die kennen die Umstände und Kunden, arbeiten meist mit den gleichen Produkten. Hier erhalte ich die punktgenauesten Antworten.

Ein Tool zur virtuellen Zusammenarbeit, das wir in die weiteren Befragungen aufnehmen, ist MS Teams. Da ein Großteil der Applikationen, die für die Arbeit nötig sind, hier eingebunden werden können, wird MS Teams als Übertool genutzt. 

Computer vs. Mensch an der Kinder-Uni

Es gibt in der Universität Mannheim die Kinder-Uni. Dort können Kinder nicht nur stolz ihren Studentenausweis in Empfang nehmen, sondern auch in jedem Monat eine spannende Vorlesung besuchen. Mein 7-jähriger Sohn lauschte am Samstag dem Professor für Data Science Heiko Paulheim zu dem Thema „Mensch oder Computer – Wer ist schlauer?

Anschließend habe ich ihn befragt; meinen Sohn, nicht den Herrn Professor.

Und, wer ist denn nun schlauer?

Der Mensch ist schlauer.

Ich höre aus dem Off ein Mädchen zu seiner Mutter sagen, „Beide sind gleich schlau“. Eindeutigkeit scheint es in dem Thema nicht zu geben.

Was hat denn der Professor so gesagt, damit du zu dem Schluss gekommen bist, dass der Mensch schlauer ist?

Naja, zunächst hat er mal gesagt, wo es überall Computer gibt. Zum Beispiel in der Küche in einem Mixer, der dann schlau Teig erstellt und die richtige Menge Milch zugibt oder im Navi, damit du in die richtige Richtung fährst.

Ok, aber das machen die Computer doch ganz schlau, oder?

Ja, schon. Wir haben dann aber ein Fußballspiel von Robotern gesehen. Die wussten überhaupt nicht, wo der Ball ist, sind hingefallen und nicht aufgestanden. Überhaupt konnten die nicht gut laufen und Einwürfe konnten sie überhaupt nicht. Da schaue ich lieber echte Fußballer. In Sport haben die Computer eine 4 bekommen.

Haben sie auch in anderen Fächern eine Note bekommen?

Ja, in Mathe, Sachkunde und Englisch haben sie eine 1 erhalten und in Deutsch eine 2.

Echt in Deutsch eine 2? Warum?

Aufgaben, bei denen der Computer Gefühle verstehen muss, konnte er nicht lösen. Da gab es den Satz: „Steffi hat Marie den Ball weggenommen. Wer ist traurig?“. Das wusste der Computer nicht, weil er noch nie traurig war.

Aber insgesamt sind das doch ganz gute Noten. Warum ist der Mensch dann schlauer?

Ich habe ja schon gesagt, sie können nicht so gut laufen und verstehen die Gefühle nicht so. Außerdem können sie sich Dinge schlechter vorstellen und man muss ihnen alles beibringen.

Ok, was heißt das, dass sich Computer Dinge schlechter vorstellen können?

Der Professor hat in Google „Giraffe mit roten Punkten“ eingegeben und von den 1000 Bildern gab es vielleicht eine Giraffe mit roten Punkten.

Und was heißt, dass man dem Computer alles beibringen muss?

Es gibt Computer, die fahren Autos ohne dass der Mensch da was machen muss. Ein Stoppschild lernt der schnell. Aber wenn da Aufkleber auf dem Stoppschild sind oder das Stoppschild teilweise von einem Baum verdeckt ist, dann ist der Computer nicht so schlau. Jede mögliche Stoppschild-Veränderung muss dem Computer beigebracht werden. Der Mensch erkennt auch ein Stoppschild, wenn es teilweise verändert ist. Da lernen wir anders und besser.

Und hat dir die Vorlesung an der Kinder-Uni Spaß gemacht?

Ja, voll und lustig war es auch. Früher waren die Computer so groß wie ein ganzes Zimmer. Wenn sich dann ein Kind einen Computer gewünscht hätte, hätte es sich auch ein Zimmer dazu wünschen müssen.

Ok, ab wann du dann einen Computer bekommst, ist ein anderes Thema. Dazu haben wir uns schon mal hier einige Gedanken gemacht. Danke für deine Aufmerksamkeit bei der Vorlesung und deine Antworten. 

 

Lernprozesse mit Leidenschaft und Know-How fördern

Interview

Maurice Fourier arbeitet als Trainer im globalen Trainingszentraum der Siemens Healthcare GmbH. Seine Aufgaben sind die Trainingsentwicklung und Durchführung von Schulungen für Mitarbeiter weltweit. Er hat langjährige Trainingserfahrung in verschiedenen Unternehmen gesammelt und ist zertifizierter Fachtrainer nach TÜV Rheinland. Sein erworbenes Know-How über Methodik und Didaktik bringt er mit Leidenschaft in seine Trainings ein, um den Teilnehmern den bestmöglichen Rahmen für eine nachhaltige Lernerfahrung zu schaffen. Seine Vision: Effizientes Lernen soll (be-)greifbar sein – und dazu noch Freude machen. Wir sprachen mit ihm darüber, wie er Lernprozesse unterstützt und fördert.

Was sind für Dich die wesentlichen Stellschrauben, Lernprozesse im Trainingsumfeld zu fördern?

Im Wesentlichen sind das drei Stellschrauben:

  • Vom Allgemeinen zum Detail schafft Verständnis.
  • Lernen in positiver Atmosphäre verbessert nachhaltig den Lerneffekt.
  • Je mehr Lernkanäle angesprochen werden, desto effektiver erfolgt lernen.

Lass uns mal die drei Punkte beleuchten. Was hat es mit der ersten Stellschraube auf sich?

Für Teilnehmer ist Orientierung immens wichtig. Als Trainer müssen wir in der Lernreise gute Navigatoren sein. Der Lernende soll stets Orientierung haben, wissen, wo wir sind und sich sicher fühlen. Das schaffen wir, indem wir uns von Allgemeinen bis zum Detail vorarbeiten. Ein Überblick wird erarbeitet und stellt die Aufmerksamkeit sicher. Orientierung bedeutet natürlich auch den Zweck (Neudeutsch Purpose) und das Warum (Neudeutsch Why) des Lernens in den Vordergrund zu stellen.

Wie erzeugst Du die positive Atmosphäre, die Du als zweiten Punkt aufführst, um Lernprozesse zu fördern?

Verknüpft mit dem ersten Punkt „Vom Allgemeinen zum Detail“ ist es vor allem die Trainerfähigkeit die Teilnehmer mit unterschiedlichem Vorwissen wertschätzend anzusprechen und ernst zu nehmen. Wenn jemand beispielsweise eine Anfängerfrage stellt, dann bekommt er eine Anfängerantwort, also einfach, klar und in der Komplexität reduziert. Stellt jemand eine Fortgeschrittenenfrage, dann erhält er mehr Details und ich gehe mit der Antwort in die Tiefe. Das führt zu einem Effekt, der oft erst nach dem Training realisiert wird: „Ich habe mich als Teilnehmer wahrgenommen und verstanden gefühlt.“ Du brauchst Empathie, um ein Gespür dafür zu entwickeln, wo die Teilnehmer stehen, welche Herausforderungen sie haben und wie man ihnen auf Augenhöhe begegnet.

Was ich gerne mache, ist authentisches Loben. In dem Moment, in dem ich wirklich positiv überrascht bin, das auch direkt und wahrhaftig auszudrücken. Darüber hinaus ist es sehr hilfreich, die eigene Begeisterung für die Thematik authentisch zu zeigen . Wenn ich die eigenen positiven Emotionen nutze und nach außen bringe, dann erfahren die Teilnehmer positive Emotionen, bleiben eher am Ball und speichern den Lernstoff positiv ab. Ich will, dass die Leute rausgehen und sagen, „Yeah, nächste Woche wieder!“.

Dem gegenüber stehen die Lernsituationen, in denen Druck aufgebaut wird und Versagensängste geschürt werden: „Du kannst das eh nicht“. Da sagen die wenigsten: „Yeah, nächste Woche wieder“. Da habe ich viel von schlechten Lehrern gelernt und mir gesagt, ich will es anders machen.

Aller guten Dinge sind drei. Was verstehst du darunter, dass je mehr Lernkanäle angesprochen werden, desto effektiver erfolgt lernen?

Lernen erfolgt im Gehirn, in dem sich Synapsen verbinden. Sie verbinden sich umso stärker, je häufiger Synapsen gleichzeitig feuern und je vielfältiger die Synapsen angesprochen werden. Über die Wahrscheinlichkeit des Behaltens wissen wir, dass 10% von dem, was gelesen wird, 20% von dem, was wir hören, 30 % von dem, was gesehen wird, 50% von dem was wir hören und sehen, 70% von dem, was wir selbst nacherzählen und 90% von dem, was wir selbst tun, behalten wird. Da ich möchte, dass meine Teilnehmer kompetent, die Dinge tun, die ich vermittle, ist mein Hauptkanal das Tun.

Das ist schön. Das deckt sich mit den Erkenntnissen von Herbert Holzapfel. Die Teilnehmer müssen in erlebnisorientieren Trainings etwas tun, damit das Verhalten sich ändert. 

Außerdem finde ich, dass Wiederholungen für das Lernen sehr wichtig sind. Neben einer morgendlichen Auffrischung der Themen des Vortags gibt es nach meinen Trainingseinheiten eine Zusammenfassung, die die Knackpunkte wiedergibt, die sich die Teilnehmer merken sollten.

Für das Interview und die zentrale Frage, wie man Lernprozesse fördert, hieße das?

  • Vom Allgemeinen zum Detail schafft Verständnis.
  • Lernen in positiver Atmosphäre verbessert nachhaltig den Lerneffekt.
  • Je mehr Lernkanäle angesprochen werden, desto effektiver erfolgt lernen.

Maurice, vielen Dank für deine Zeit.

Stream of Consciousness auf der Learntec 2020

Learntec 2020


Jeder Raum ist ein Lernraum, auch die Hallen der Messe Karlsruhe, in denen in der letzten Woche die Learntec 2020 stattgefunden hat. Was man da alles lernen kann!  Wie Menschen andere Menschen für Ihre Produkte und Dienstleistungen gewinnen möchten, wie sie die Menschen anlächeln und ansprechen, wie sie es schaffen aus dem Stand ein interessantes Gespräch zu entwickeln oder eben nicht. Was es alles für neue Buzzwords  und welche schlauen Ideen es in der Branche gibt und dass doch am Ende das Erfüllende das gute Gespräch ist.

Beim Lernen trifft man auf Bekanntes und verbindet es mit Unbekannten zu etwas Neuem. So auch hier. Das für uns bekannte Blink.it (siehe unser Interview) hatte gleich am Eingang ihren Stand und boten neben ihrer Blink.it App das Rocket Pack für Trainer, die sich bisher wenig mit dem Thema Digitalisierung und Blended Learning auseinandergesetzt haben, an.

Bei dem anderen Bekannten TriCat war der Teufel los. Der kam allerdings nicht in Form eines Avatars, sondern in Form vieler potentieller interessierter Kunden. TriCat bietet über seine immersive 3D Lernwelt Spaces die Möglichkeit vom PC aus in computersimulierten Klassenräumen als Dozent oder Workshopleiter Lernende aus der ganzen Welt zu versammeln.

Später erfuhr ich, dass TriCat für die WBS mit Hilfe von Spaces ein ganze Akademie gebaut hat und dass – über die FH Burgenland – innerhalb von Spaces MBA Studiengänge im Avatar-Stil durchgeführt werden, die im Creditsystem eingebunden sind. Dazu gibt es auch die hörenswerte Episode Wie studiert man als virtueller Avatar?“  vom Podcast „Der springende Punkt“.

Dass Studierende mit digitalen Medien lernen, ist natürlich kein Einzelfall. In einem späteren Gespräch wurde mir lebendig und kurzweilig dargestellt, wie in der HS Pforzheim mit einem Enterprise Social Network im Fachbereich Leadership ein Kurs abgefahren und dabei Reflektions- und Lernerlebnisse erzeugt wurden.

Die guten Gespräche gingen noch weiter und ganz im Sinne des Stream of Consciousness höre ich die Essenzen noch nach, wenn ich die Augen schließe und an die Learntec denke:

  • Die Verschaltung der Synapsen, das dürfen die Lerner noch alleine machen, ansonsten gibt es außen herum jede Menge digitale Unterstützung zur Bedürfnisdiagnose, zur Individualisierung und zum Transfer.
  • Guter und relevanter Content ist wichtiger als Hochglanzproduktion.
  • Es gibt eine Rückbesinnung auf den Menschen. Wir müssen mehr die Bedürfnisse der Lernenden herausfinden.
  • Kompetenz erhält man durch das Handeln in der echten Situation. Wissen ist die Voraussetzung dafür. (Ok, das ist von Karlheinz Pape aus seinen Interviews zur Learntec)
  • Viele VR Brillen hier.

Ja, genau viele VR Brillen waren dabei in Karlsruhe und viele Chat- und Coachbots. Die Übermutter der Chatbots Xiaoice hat mittlerweile über 600 Millionen User. Sie schreibt Gedichte, singt und moderiert TV Shows. Durch die Interaktion mit eben diesen über 600 Millionen Usern eignet sie sich emotionale Intelligenz an, so dass viele User nicht mehr wissen, schreiben und sprechen sie da mit einem echten Menschen oder eben mit Xiaoice.

CLC Stand auf der Lerntec 2020
Ein Arbeitsergebnis der Corporate Learning Community in Karlsruhe


Echte Menschen konnte man aber auf der Learntec in Hülle und Fülle treffen. Zum Beispiel auch am Stand der Corporate Learning Community, der sich ganz erfrischend von den restlichen Ständen abhob und die Besucher mit Flipchart Stiften dazu einlud, Gedanken und Inspirationen zu dem Thema „Lernräume gestalten“ zu spendieren. Jeder und jede dieser echten Menschen betonte, wie wichtig und schön es ist, mit echten Menschen zu sprechen.  #CoreKompetenz 

Ricky Gervais und die Radikale Aufrichtigkeit

Ricky Gervais Reden bei den Golden Globes sind legendär. Anfang Januar fegte er zum fünften Mal wie ein Wirbelwind mit verbalen Spitzen durch die Filmbranche. Pointiert mit einem Timing wie Ginger Baker rasten seine Statements mit wuchtiger Offenheit über die Grenze des Wohlfühlens hinaus. Das Publikum ist das „Who is Who“ von Hollywood. Leonardo Di Caprio, Tom Hanks oder Robert di Niro und auch die neuen Player der Branche, der Chief Content Officer von Netflix Ted Sarandos oder Tim Cook von Apple hoffen, dass ihre Namen nicht aus dem Munde von Ricky Gervais kommen.

Kostprobe?

Jeffrey Epstein, der verurteilte Sexualstraftäter, habe sich nicht umgebracht. Das Publikum der Multimillionäre stöhnt auf und Ricky Gervais legt nach: „Shut up, I know he’s your friend.“

Über die Apple+ Serie „Morning Show“ sagt Gervais: „A superb drama about the importance of dignity and doing the right thing” eine Pause, die Punchline wartet genau richtig „made by a company that runs sweatshops in China”.

Immer wieder betont er fast existentialistisch, es sei doch das letzte Mal, dass er die Golden Globes hoste, deshalb ist es doch eh egal, ich hau heute alles raus, was ich denke. Schonungslos zeigt er die Widersprüche der selbstgerechten Branche auf:
„So you say you’re ‘woke’, but the companies you work for, Apple, Amazon, Disney… If ISIS had a streaming service you wo  uld be calling your agents.”

Um sich schließlich der vorhersehbaren Heuchelei zu verwehren, legt er nach: „So if you do win an award tonight, don’t use it as a political platform to make a political speech. You’re in no position to lecture the public about anything, you know nothing about the real world. Most of you spent less time in school than Greta Thunberg. So, if you win, come up, accept your little award, thank your agent and your God and f— off. OK?”

In dem Podcast Full Disclosure with James O’Brien sagt Ricky Gervais: „The older I get, all I want to do is  be more honest and maybe braver and be realer. That is all I want to do.” Er thematisiert auch den Umgang mit Angriffen über Social Media. Früher hat er solche Angriffe mit Ironie beantwortet oder sich über Tweets lustig gemacht, heute: „I reply in good faith. Being honest is a much stronger response.” 

Offenheit und Ehrlichkeit ist die Superpower, die sich nicht auf eine zweite ironische Ebene einlässt.

Das erinnert mich an eine Komponente des Feedback Konzepts der Radikalen Aufrichtigkeit (Radical Candor) , das ich vor einigen Jahren in einem Workshop aufschnappte. Ehrlichkeit gepaart mit der Fähigkeit der Konfrontation und dem Wunsch, Menschen weiterzubringen als Superpower einer möglichen persönlichen Disruption .

Radikale Aufrichtigkeit ist ganz im Sinne der Psychologischen Sicherheit. Wenn ich weiß, dass meine Kollegen mir gegenüber ehrlich und offen sind, ohne eine versteckte Agenda zu haben oder verletzend sein zu wollen, muss ich bei Feedback nicht zwischen den Zeilen lesen oder Annahmen machen. Klarheit und Ehrlichkeit als Motor des Lernens.

Wenn man einmal reflektiert, sind es ja auch die Feedbacks, die in dem Moment, wenn man sie hört, leicht weh taten und erstmal Orientierungslosigkeit ausgelöst haben, einen weiterbringen. Nicht die Bestätigung des eigenen Selbstbildes ist der Antrieb, sondern das Bizzeln, das der Widerspruch zwischen Selbst- und Fremdbild verursacht.

Nähere Ausführungen zur  Radikalen Aufrichtigkeit  finden Sie bei My-Skills.