Hybride Zusammenarbeit – eine Standortbestimmung


Ich spreche heute mit Gesine Engelage-Meyer, zusammen mit Sonja Hanau Autorin des Buches „Mit hybriden Teams mehr erreichen“, das ich bereits hier vorgestellt habe. Im Anschluss an ein Arbeitsmeeting reden wir locker über den Stand der Dinge in  der hybriden Zusammenarbeit.

Gesine Engelage-Meyer (Foto: Inga Sommer)

Gesine, was ist dein Hintergrund, was war dein Weg zum Thema hybride Zusammenarbeit?

Ich habe einen Hintergrund in Prozessoptimierung. Zehn Jahre lang habe ich in der Zentrale der Marke Montblanc Projekte geleitet und Prozesse optimiert. Dabei war mir aufgefallen, dass der Erfolg von Veränderung im Unternehmen vor allem am Miteinander hängt. Vor acht Jahren habe ich mich selbstständig gemacht als kommunikative Begleiterin für Change Projekte. Mit der Pandemie-Situation habe ich lernen dürfen, auch Online gute Voraussetzungen für fruchtbaren Austausch und Dialog zu schaffen. Im Herbst 2020 habe ich Sonja Hanau kennengelernt und wir haben den Thinktank „Hybrid und gut zusammenarbeiten“ gegründet. Aus der erfolgreichen Arbeit mit diversen Teams an diesem Thema ist das Buch „Mit hybriden Teams mehr erreichen“ hervor gegangen, das vor kurzem veröffentlicht wurde.

Was hat sich für dich geändert durch das Buch?

Ich habe mehr Wirkungsgrad, um Ideen und Gedanken zu vermitteln, ohne dass ich direkt mit Menschen in Kontakt bin. Das hatte ich schon vorher über den Blog und die Website, aber durch das Buch hat sich das sehr gesteigert. Ich bekomme viel wertvolles Feedback und das ist sehr spannend. Wir bekommen auch Fotos zugeschickt von Lesern samt Buch. Sonja ist zum Beispiel gerade von der Süddeutschen Zeitung interviewt worden. Das zeigt, dass wir eine hohe Reichweite haben durch das Buch.

Zum Thema virtuelle oder hybride Zusammenarbeit. Es gab in letzter Zeit Vorschläge zu einer festen Zeitaufteilung zwischen Bürozeit und Homeoffice. Zum Beispiel: 3 Tage Büro, 2 Tage Homeoffice. Wie sinnvoll findest du das?

Wenn das eine allgemeine Regelung von oben ist, finde ich das nicht sinnvoll. Die Organisation sollte einen Rahmen vorgeben, ansonsten sollte aber das Team überlegen, welche Aufgaben besser im Büro und welche Aufgaben besser aus dem Homeoffice heraus geleistet werden können. Und dementsprechend entscheiden und Absprachen treffen. Für welche Aufgaben ist welches Format besser geeignet? Wenn Präsenz im Büro hilfreich ist, sollte es einen Tag geben, an dem viele Teams vor Ort sind, damit die Zeit für Begegnungen genutzt werden kann.

Und wenn wir wieder mehr in die Präsenz gehen: Wie sollten moderne Büros gestaltet sein?

Ich finde es wichtig, dass Menschen mit Menschen zusammenkommen, einfach zum Kaffeetrinken oder um als Team kreativ zu sein. Das Büro ist jetzt vor allem ein Ort der Begegnung. Es muss also Flächen geben, die das unterstützen. Es sollte eine große Cafeteria geben, Workshop-Räume, flexible Kreativ-Räume, und Räume, in denen konzentriert gearbeitet werden kann und in denen in Ruhe Videokonferenzen stattfinden können.

Das klassische Großraum-Büro hat ausgedient. Was ist mit Konflikten? Die Konflikte sind ja nicht weg, sie werden aber in der virtuellen Welt weniger ausgetragen. Wie können wir besser mit Konflikten umgehen?

In der Pandemie-Situation ist vieles untergegangen, was konfliktbeladen war – man hatte erstmal damit zu tun, sich an die neue Situation anzupassen. Es gab weniger informellen Kontakt, weniger spontanen Zugang, weniger Begegnung. Da hat sich manchmal etwas angestaut, weil man noch nicht den Weg gefunden hat, den Konflikt zu handeln. Man hat sich um Dringendes gekümmert und wenig reflektiert und metakommuniziert. Wie können wir mit Konflikten umgehen? Wir können ganz viel vorbeugend tun. Im Team muss es die regelmäßige Gelegenheit geben, zu Themen offen sprechen zu können. Im Jour Fixe kann es dafür ein festes Zeitfenster geben: Was läuft gut, was läuft nicht gut? Dafür ist Vertrautheit ganz wichtig.

Eine psychologische Sicherheit im Team. Man muss Dinge offen sagen können, ohne befürchten zu müssen, dafür eins auf den Deckel zu bekommen.

Richtig. Im Buch „Schluss mit dem Hintenrum-Gerede!“ von Maja Storch und Johannes Storch wird gezeigt, wie wir das Hintenrum-Gerede sein lassen können. Stattdessen können wir alle „grmpfl“ rauslassen. „Grmpfl“, das sind unsere impulsiven Reaktionen auf Störsignale. Auch unsere Bingos sollten wir teilen, also unsere Reaktion auf Dinge, die wir toll finden. Zusätzlich zu den regelmäßigen Meetings benötigen wir ein bis zwei mal im Jahr auch bewusste Zeit zusammen, außerhalb der gewohnten Arbeitsumgebung, und von externer Seite moderiert. Das ist einerseits eine vorbeugende Maßnahme, andererseits können sich viele gefühlte Konflikte damit auch besser klären lassen. Viel anstrengender, als über Schwieriges im Team offen zu sprechen, ist das „Nicht-darüber-sprechen“.

Was sind die drei wichtigsten Hebel, damit ein Meeting effektiv wird?

An erster Stelle steht aus meiner Sicht das gemeinsame Verständnis, was das Ziel ist: Wir brauchen Klarheit im Team darüber, was am Ende des Meetings anders sein soll. Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Konzentration auf den Austausch. Eine Ein-Weg-Kommunikation in Form der Präsentation endloser Powerpoint Charts kann ich auch anders hinbekommen, dafür brauche ich kein Meeting. Im Meeting sollte der Fokus auf Dialog und Erkenntnisgewinn liegen. Und ein dritter Erfolgsfaktor ist es, ein Meeting auch wirklich zu moderieren.

Ja, das sind wirklich ganz wichtige Punkte. Zum Thema Moderation möchte ich noch eine Beobachtung teilen, die ich ganz häufig gemacht habe: Viele Meetings werden nicht moderiert. Und wenn jemand moderiert, dann ist es oft die Führungskraft. Warum? Die Führungskraft selbst zieht sich diesen Schuh an, und das wirkt oft ungünstig zusammen mit impliziten Erwartungen der Teammitglieder. Ich empfehle, dass die Führungskraft nicht automatisch moderiert, sondern dass die Moderation als Rolle verstanden wird, die im Team rotierend übernommen wird.

Vielen Dank, Gesine, für das Gespräch!

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