Verhaltensorientierte Führungskräftetrainings virtualisieren

Kristina Loncar

Kristina Loncar hat im Rahmen eines dualen Studiums bei der Siemens AG ihr Magisterstudium in Management Business Development abgeschlossen. Dabei konnte sie miterleben, wie rasant sich die Weiterbildung im Unternehmen durch die digitale Transformation ändert. Der Trend geht in Richtung Virtualisierung und Individualisierung der Weiterbildungsangebote.

Vor dem Hintergrund der neuen Arbeitskultur New Work/Next Work und dem lebenslangen Lernen ist die Grundvoraussetzung für die Vermittlung neuen Wissens und neuer Kompetenzen eine Optimierung der Lernprozesse in der betrieblichen Weiterbildung. Für ihrer Magisterarbeit hat sie die Virtualisierung von verhaltensorientierten Führungskräftetrainings begleitet.

Welche Fragestellungen bist du in deiner Masterarbeit konkret nachgekommen?

Leitend für meine Arbeit waren unter anderen zwei Fragestellungen:

  1. Wie sieht das Lernkonzept eines virtuellen verhaltensorientierten Führungskräftetrainings aus der konstruktivistischen Perspektive bei der Siemens AG aus?
  2. Welches Verhalten kann online trainiert bzw. umgesetzt werden und wie?

Betrachten wir die erste Fragestellung, was meint hier konstruktivistische Perspektive?

Die Lernenden konstruieren und erfinden ihre Wirklichkeit in der Interaktion mit anderen durch Ausprobieren und Selbstreflexion. Die Voraussetzung von gelingendem Lernen ist, dass sie offen an ihre Wirklichkeit herangehen und die Fähigkeit haben, diese zu hinterfragen und nicht als einzig geltende Wahrheit sehen. Dann können neue Einstellungen und Handlungskompetenzen aufgebaut werden.

Wie wurde diese konstruktivistische Perspektive bei dem Design von verhaltensorientierten Führungskräftetrainings genutzt?

Da die Lernenden ihre Wirklichkeit konstruieren, wollten wir so nah wie möglich die Lernsituationen an ihren realen Herausforderungen in ihrem Arbeitsleben ausrichten. So haben wir Situationen identifiziert, mit denen Führungskräfte häufig konfrontiert sind. Beispielsweise haben wir eine Situation beschrieben, in denen die Leistung eines Mitarbeiters signifikant schlechter geworden ist. Um die Echtheit der Situation zu stärken, haben wir Schauspieler eingesetzt, die den Mitarbeiter gespielt haben.

Darüber hinaus haben wir den kommunikativen Austausch in Gruppen im Lerndesign verankert. Damit wird die Selbsterarbeitung der Lerninhalte und auch die eigene Konstruktion von Wissen und Können der Lernenden unterstützt.

Wie bist du deiner zweiten Fragestellung, welches Verhalten online trainiert werden kann, nachgekommen?

Wir haben drei Kriterien aus dem Führungsleitbild näher analysiert: Respekt, Motivieren und Inspirieren sowie Empowerment und Vertrauen. Diese Kriterien haben wir in Verhaltensanker übersetzt und daraus Beobachtungsbogen erstellt. Ein Verhaltensanker bei dem Kriterium Respekt zum Beispiel ist „Honest and transparent about the good and the bad and addresses it“.

Nun haben wir die Kriterien in Rollenspielen eingeübt, d. h. Lernende haben die Möglichkeit im Ausprobieren ihren Handlungsspielraum zu erweitern. Anschließend haben wir hierzu Selbsteinschätzungen der Führungskräfte sowie Fremdeinschätzungen von Feedbackgeberinnen und Feedbackgeber eingeholt und mit Hilfe des 4-Ebenen Modell von Kirkpatrick evaluiert.

Welche Ergebnisse hast du gefunden?

Die Auswertung zeigt, dass Verhaltensweisen, die der Kompetenz Respekt einzuordnen sind, am erfolgreichsten in der Praxis umgesetzt wurden. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden haben dabei eine hohe Ausprägung gezeigt. Die Verhaltensweisen in Bezug auf Respekt können bewusster gesteuert werden und der Effekt auf das positive oder negative Verhalten ist unmittelbar zu beobachten.

Bei der Umsetzung der Verhaltensweisen die der Kompetenz Motivieren und Inspirieren zuzuordnen sind, hat die Hälfte der Teilnehmenden eine moderate Ausprägung gezeigt. Diese Verhaltensweisen werden sehr individuell in der Praxis umgesetzt und entsprechend auch wahrgenommen.

Die geringste Ausprägung der Verhaltensanker wurde bei der der Kompetenz Empowerment und Vertrauen beobachtet. Bei weniger als der Hälfte der Teilnehmenden fehlten wesentliche Elemente. Empowerment und Vertrauen erfordern sozioemotionale Prozesse, die sich über einen längeren Zeitraum entwickeln. Diese sind ebenso stark durch die individuellen Lebenserfahrungen der Teilnehmenden geprägt. Ein Vertrauensaufbau findet grundsätzlich durch eine direkte persönliche Interaktion statt. Somit ist durch eine rein virtuelle Kommunikation der Vertrauensaufbau erschwert.

Du beschreibst in deiner Arbeit die veränderte Rolle von Lehrenden bzw. Learning Specialists. Im Fokus stehe nicht mehr die Vermittlung der Lerninhalte. Wie sehen hier die Veränderungen aus?

Die klassische Rolle, dass Lehrende lediglich Wissen vortragen, wird es so nicht mehr geben. Vielmehr müssen die Lehrenden viel stärker moderieren und unterschiedlichste Rollen einnehmen. Sie müssen Lernziele setzen, Lernfelder und Umfeld verstehen, coachen und gleichzeitig mehr wissen. 

Konstruktivistisch argumentiert müssen die Lehrenden Lernumgebungen so gestalten, dass die Lernenden eigenständig das Wissen bzw. die neuen Verhaltensweisen konstruktivistisch erarbeiten können. Eine reine Wissensvermittlung wäre in dieser Terminologie lediglich eine Rekonstruktion.

Was empfiehlst du denen, die verhaltensorientierte Führungskräftetrainings virtualisieren möchten?

Auf Basis der Literatur und der gewonnenen Erkenntnisse wurden folgende Verbesserungsmöglichkeiten für virtuelle verhaltensorientierte Führungskräftetrainings erarbeitet:

  • Detaillierte Vorbereitung und Strukturiertheit
  • Kürzung und Fokussierung der Inhalte
  • Mehr Zeit für Austausch ermöglichen, da die Kommunikation und die direkte Ansprache noch wichtiger als in Präsenztrainings sind
  • Fokus auf Beziehungsdidaktik (Beziehung Lehrende/ Teilnehmende; Beziehung Teilnehmende / Teilnehmergruppe)
  • Klare Formulierung der Erwartungshaltung an die Teilnehmenden

Das virtuelle Format hat neben vielen Möglichkeiten wie digitale Interaktion, Flexibilität und Zeitersparnis auch einige Einschränkungen, vor allem in Bezug auf den Beziehungsaufbau, der für die Entwicklung sozialer Kompetenzen von großer Bedeutung ist.

Um ein ganzheitliches Lernerfolg zu gewährleisten, sollte für das virtuelle verhaltensorientierte Training ein hybrides Konzept in Betracht gezogen werden. So würde man die Vorteile des Virtuellen und des Präsenten optimal verbinden. Blended Learning oder integriertes Lernen ermöglicht den Mix verschiedener Lernformen und -methoden, um den individuellen Bedürfnissen der Lernenden gerecht zu werden und erhöht die Akzeptanz des Einsatzes neuer Medien.

Herzlichen Dank für das Interview, Kristina

Transaktionsanalyse in Organisationen: Wirrwarr besprechbar machen

Interview

Die Transaktionsanalyse (TA) hilft, kommunikative Muster zu verstehen. Sie bietet ein psychologisches Erklärungsmodell, lässt eine neue Haltung finden und vermittelt handlungsleitende Hinweise zur Gestaltung der Kommunikation. In meinen Trainings haben wir Elemente der Transaktionsanalyse hergenommen, um zum Beispiel Führungsverhalten zu verbessern oder kompetenter mit Konflikten umzugehen. Heute freue ich mich, über die Transaktionsanalyse in Organisationen mit jemand zu sprechen, der sich in seiner Arbeit als Trainer ganz auf die Transaktionsanalyse fokussiert: Steffen Raebricht.

Steffen Raebricht
Steffen Raebricht

Steffen, welche Bedeutung kann die TA für die Kommunikation in Organisationen haben?

Transaktionsanalyse (TA) ist ein System, mit dem die Persönlichkeit von Menschen, deren Kommunikation und zwischenmenschliche Beziehungen analysiert, vorhergesagt und verändert (entwickelt) werden können.

Durch das Analysieren von Gesprächen kann man Muster erkennen, die zum Beispiel zu immer wiederkehrenden Konflikten führen. Solche Muster können Ausdruck von Verhaltensweisen sein, die uns langfristig schaden. Die Tendenz zu neuen Arbeitsaufgaben nicht nein sagen zu können, kann beispielsweise langfristig zu einem Burnout beitragen. Die Art und Weise, wie wir mit anderen Menschen kommunizieren, kann große Auswirkungen haben. 

Die Transaktionsanalyse hilft, diese Muster zu verändern, indem sie uns neue Verhaltensweisen bietet: Zum Beispiel kann man Kollegen, die sich hilflos geben, durch Rückfragen dazu anregen, ins Handeln zu kommen. Man kann raumgreifenden Mitarbeitern Grenzen setzen. Man kann Missverständnisse reduzieren. Man kann Führung auf Augenhöhe gestalten. Man kann auch an seinen eigenen Verhaltensweisen arbeiten und zum Beispiel das Nein sagen lernen.

Insofern kann TA helfen, die Kommunikation in Organisationen zu verbessern und die Produktivität zu steigern.

Bei einer Umfrage gaben 99 der 100 befragten Führungskräfte an, dass ihre kommunikative Kompetenz durch Transaktionsanalyse gestärkt wurde.

In welchen Situationen hilft die TA? Was sind häufige problematische Transaktionsmuster in Organisationen?

Transaktionsanalyse kann in ziemlich allen Situationen hilfreich sein, die wir als problematisch empfinden oder die wir entwickeln wollen. Mit ihren mentalen Landkarten (Konzepte) macht sie die Prozesse sichtbar und gibt Ideen, was man konkret tun könnte.

Das reicht vom Auflösen von Blockaden bei einem Mitarbeiter, über die die Lösung von Konflikten zwischen Kollegen bis hin zum Vorgesetzten, der klarer Kommunizieren möchte.

Die häufigsten problematischen Transaktionsmuster in Organisationen sind:

  • Ungeklärte Verantwortlichkeiten bei Aufgaben, die Missverständnisse, Fehler und Irrtümer zur Folge haben können.
  • Überverantworliche Mitarbeitende, die sich aufreiben und schlimmstenfalls im Burnout enden.
  • Unterverantwortliche Mitarbeitende, die sich hilflos machen oder “dumm” stellen und eine zusätzliche Belastung für Kollegen bedeuten können.
  • Vorgesetzte, die ihre Funktionen nicht wahrnehmen und damit die Produktivität hemmen.
  • Das Zusammenkommen dieser drei Typen und daraus entstehende Beziehungsprobleme mit negativen Folgen für die Produktivität der Organisation und das Betriebsklima.

Ein sehr wichtiges Element sehe ich in der transaktionsanalytischen Haltung, Mitmenschen auf Augenhöhe zu begegnen. Diese Haltung ermöglicht, Situation in neuem Licht zu betrachten. Statt einen sich hilflos stellenden Kollegen als Nichtsnutz abzuwerten, könnte man überlegen: “Welchen Beitrag kann ich dazu leisten, dass der Kollege seine Arbeit erledigt?”

Das heißt nicht, dass man jetzt der Therapeut des Kollegen wird oder seine Arbeit für ihn erledigt. Es könnte eher bedeuten, dass man auf die Verantwortlichkeit des Kollegen setzt, ggf. Unterstützung anbietet oder ihn unter vorheriger Ankündigung nicht mehr aus einem Schlamassel zieht.

Ein anderes wichtiges Element sehe ich in den Konzepten der Transaktionsanalyse.

Eines zum Beispiel wird “Vertragsarbeit” genannt. Das klingt etwas trocken und nach seitenlangen Dokumenten mit kleiner Schrift, die keiner liest.

Tatsächlich geht es bei Vertragsarbeit aber um gelungene und tragfähige Absprachen: In welcher Situation sollte ich Absprachen treffen? Wenn alle im Mittagstief sind oder doch eher, wenn die Energie hoch ist? Jeder weiß inzwischen: Die Kommunikation entsteht beim Empfangenden. “Wie kann ich sicherstellen, dass ich richtig verstanden wurde?” Was tue ich, wenn trotz klarer Absprache das Ergebnis nicht geliefert wird? Das Vertragskonzept der Transaktionsanalyse hält tolle Methoden bereit, Transparenz in die gemeinsame Arbeit zu bringen.

Transaktionsanalyse beruht auf Augenhöhe.

Du warst Offizier bei der Bundeswehr. Wurde die TA bei der Bundeswehr an Offiziere vermittelt?

Transaktionsanalyse war kein Bestandteil der Offiziersausbildung bei der Bundeswehr. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass es ihr gut getan hätte.

Transaktionsanalyse beruht auf Augenhöhe. Davon ist eine Organisation wie die Bundeswehr weit entfernt. Ihre Strukturen mit Dienstgraden, dem soldatischen Gruß und militärischen Abzeichen zielt bewusst auf die Herstellung von “oben und unten” ab.

Das hat Vorteile: Zum Beispiel gibt die Hierarchie den Dienenden viel Orientierung über ihre Stellung, Verpflichtungen und Freiheiten.

Aus diesem Fakt ergeben sich auch die Probleme dieser Organisation. Einige wenige übernehmen das Denken für viele. Der uns angeborene Gestaltungswille wird durch Vorschriften, Vorgesetzte und starre Strukturen ausgebremst.

Menschen, die etwas bewegen wollen, gehen nicht zur Bundeswehr. Denn dort machst du eben nicht, was zählt. 90% deiner Zeit bist du mit Dingen beschäftigt, wie warten, Machtspielchen spielen oder Anträge schreiben.

Transaktionsanalyse hat mir jedoch als Einzelperson in diesem System geholfen. Ich konnte mich erfolgreich gegen Willkür ausübende Vorgesetzte wehren. Ich habe meine Soldaten zum selbst denken angeregt. Ich habe verstanden, dass man in diesem System weiterkommt, wenn man sich anpasst. TA hat mir dabei geholfen mich selbst zu klären. Deswegen habe ich mich entschlossen, die Bundeswehr zu verlassen und den Mut aufzubringen, mich selbstständig zu machen.

Wie gelingt Kommunikation auf Augenhöhe?

Kommunikation auf Augenhöhe fängt mit Selbstreflexion an.

Zunächst kann ich mir die Frage stellen, in welchen Situationen ich nicht auf Augenhöhe kommuniziere. Das hat oftmals etwas mit dem Selbst- und Menschenbild zu tun. Die TA hat dafür das Konzept der “Lebensgrundpositionen”. Es zeigt auf, wie ich mich in einer Situation betrachte. Bin ich okay und finde mein gegenüber vielleicht nicht okay? Oder umgekehrt? Oder sehe ich mich und die andere Person als okay? Dann hätten wir zumindest von meiner Seite bereits Augenhöhe erreicht.

Lebensgrundpositionen
Lebensgrundpositionen

Wenn ich feststelle, dass keine Augenhöhe besteht, weil ich mich selbst oder die andere Person als nicht okay oder sogar uns beide als nicht okay betrachte, kann ich nach Ursachen suchen.

Das können einfache Umstände sein, beispielsweise weil du hungrig bist oder weil du kurz vorher eine schlechte Nachricht erhalten hast. Das können jedoch auch tiefer liegende Ursachen sein, wie beispielsweise Glaubenssätze: “Wer Gefühle zeigt, ist ein Schwächling.” oder “Mein Kollege ist zehn Jahre älter. Dem bin ich doch total unterlegen.”

An solchen Stellen kann ein Hinterfragen zweckmäßig werden. Durch eine Erweiterung der Perspektiven mit Hilfe von TA-Modellen kann Augenhöhe hergestellt werden.

Jedoch ist man im Kommunikationsprozess nicht allein dafür verantwortlich. Gerade hatte ich ein Interessentengespräch mit einer jungen Frau für ein Praktikum bei mir im Unternehmen. Sie war sehr verunsichert. Ich achtete darauf, keine Zeichen von Dominanz zu senden. Wir setzten uns über Eck, ich saß auf einem Hocker, ich stellte interessierte Fragen, alberte ein wenig. Alles Einladungen, um auf Augenhöhe zu kommen.

Sie blieb jedoch kindlich, verunsichert in ihrer ganzen Erscheinung. Da kann ich dann auch nichts machen. Genauso kann es sein, wenn ein Querdenker einem Reporter die Kamera wegschlägt. In solchen Situationen kommt man nicht auf Augenhöhe, weil die andere Seite es nicht möchte.

Wir können also nicht steuern, was unser Gegenüber tut. Wir können lediglich schauen, dass wir wenig bewerten, viele Fragen stellen und die Beziehungsebene verstärken.

Aber: Sollte die junge Frau ihr Praktikum bei mir beginnen, kann es sein, dass sie schneller ihr kreatives Potenzial entfaltet, weil ich konstant weiter Angebote auf Augenhöhe mache. Ich frage nach ihrer Meinung, gebe Gestaltungsspielräume, reagiere gelassen auf Fehler usw.

Meine Mitarbeitenden zeigen ein hohes Maß an Selbstständigkeit. Sie bringen eigene Vorschläge, recherchieren und bilden sich selbstständig weiter, teilen mir mit – was sie für eine gute Arbeit benötigen und arbeiten gern mit mir. Mitunter führen sie mich, wenn sie auf einem Gebiet besser sind als ich. Das nenne ich Augenhöhe.

Wie kann man TA in einem virtuellen Live Training lernen? Was machst du da konkret, bzw. was macht ihr da konkret?

Wenn ich Weiterbildungen durchführe, bekommen die Teilnehmenden Zugriff zu Vorab-Sessions. In diesen finden sie Lernvideos, die die theoretischen Grundlagen legen.

Wenn wir uns dann live treffen, klären wir zunächst Fragen zur Theorie. Anschließend erhalten die Teilnehmenden eine Übung, die in Kleingruppen virtuell und live bearbeitet wird. Häufig sind das Übungen zum Erkennen und zum Umgang mit bestimmten Interaktionsmustern. Zum Beispiel, wie man mit zweideutigen Aussagen von Kollegen umgehen kann. Nach der Übung wird reflektiert, wie die gesammelten Erfahrungen der Übung auf die Praxis übertragen werden können.

In diesen Diskussionen werden dann meistens noch einmal die Möglichkeiten und die Grenzen des jeweiligen Konzepts deutlich gemacht. Viele Teilnehmende haben dann bereits eine Idee, in welchen Situationen sie das verwenden können.

TA- Konzepte machen relevante Dinge im Wirrwarr der Kommunikation sichtbar und besprechbar, die wir sonst nicht adressieren und damit nicht verändern könnten.

TA- Konzepte machen relevante Dinge im Wirrwarr der Kommunikation sichtbar und besprechbar, die wir sonst nicht adressieren und damit nicht verändern könnten. Das sehe ich als eine große Stärke der TA. Diese Stärke können Menschen nutzen, die die Kommunikationsgepflogenheiten ihrer Organisation weiterentwickeln möchten.

Das waren viele interessante Einblicke zur Transaktionsanalyse in Organisationen. Vielen Dank, Steffen!

Personalentwicklung ist Führungsaufgabe! Interview mit Ralf Schmidt, Leiter der Personalentwicklung RHEINPFALZ

PEFA ist eine von den Abkürzungen, die gerne im L&D Umfeld für Seminare und Maßnahmen verwendet werden. PEFA steht für Personalentwicklung als Führungsaufgabe. Wir haben bereits letzte Woche darüber geschrieben.

Heute unterhalten wir uns mit Ralf Schmidt, Leiter der Personalentwicklung bei der RHEINPFALZ, der das Thema PEFA in seinem Unternehmen aktiv vorangetrieben hat. Ralf Schmidt leitet die Personalentwicklung seit über drei Jahren und betreut mit seinem Referententeam unternehmensweit Fach und Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen. Dabei strebt er das Ziel an alle Mitarbeitenden bedarfsgerecht und zukunftsorientiert zu entwickeln.

Welche Ziele haben Sie mit dem Seminar PEFA verfolgt?

Mit PEFA haben wir drei Ziele verfolgt: Einmal sollten unsere Führungskräfte das eigene Führungsverhalten reflektieren und fokussieren. Zweitens diente es dazu, ihr eigenes Team besser zu machen und damit das Potential des Teams zu bergen. Außerdem sollten sie ihr eigenes Mindset weiterentwickeln: Personalentwicklung ist ein strategischer Erfolgsfaktor und damit eine originäre Führungsaufgabe.

Was meinen Sie damit, Personalentwicklung ist eine originäre Führungsaufgabe?

Die Abteilung Personalentwicklung ist da, um zu beraten, Entwicklungspläne aufzustellen und zu unterstützen. Aber am Ende des Tages sind wir nicht für das Ergebnis verantwortlich. Letztlich entscheidet über das Gelingen die Art und Weise der Personalführung und des Führungsverständnisses der verantwortlichen Führungskraft. Daher ist Personalentwicklung auch Führungsaufgabe! Es kommt entscheidend auf das Verständnis der Führungskraft an, ihre Leute besser zu machen und die Rolle des Coaches und Unterstützers anzunehmen, damit die Personalentwicklung funktioniert. Das spiegelt sich dann auch im Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter wider. Welche Sprache finden die beiden, um über Weiterentwicklung zu reden? Welche Möglichkeiten und Themen bieten sich einer Führungskraft, gute Mitarbeiter zu halten? Wie wird eine Personalentwicklungs-Maßnahme in den Arbeitsalltag eingebettet? Das sind entscheidende Fragen, die die Führungskraft aktiv beantworten muss.

Wie würden Sie einer Führungskraft, die zu Ihnen kommt, PEFA beschreiben?

PEFA ist ein 2-tägiges Seminar mit Blended-Learning-Elementen, in dem die Führungskraft befähigt wird, eine Win-Win Situation mit ihren Mitarbeitern zu kreieren. Idealerweise sind die Aufgaben für die eigene Abteilung nach dem Seminar zukunftsgerichtet und damit jobsichernd. Das erhöht dann einerseits die intrinsische Motivation des Teams und andererseits ist das Team für die Zukunft der Abteilung gewappnet.

Im Seminar wird die Führungsaufgabe Personalentwicklung anhand eines 4-stufigen Prozesses dargestellt: System, Potenziale, Maßnahmen sowie Transfer und Evaluation. Unterstützt wird die Führungskraft von Tools und Trainingseinheiten für das zielfördernde Verhalten in jeder dieser Stufen. Die Verankerung des Seminars wird also durch die Vermittlung des Zusammenspiels von Prozess, Tools und Verhalten hochwahrscheinlich.

PEFA ist der Grundbaustein für eine breit aufgestellte Führungskräfte-Entwicklung und das unabhängig von anderen Veränderungen. Alles weitere ist nachgelagert auch agile Führung und Digitalisierung.

Was sind darüber hinaus Faktoren, die den Transfer von PEFA begünstigen?

Ein klarer Wille des Unternehmens zu Personalentwicklung sowie ein klar kommuniziertes Bekenntnis. Heterogenität in den PEFA-Gruppen fördert diese Denkhaltung. So werden Austausch und Perspektivwechsel angeregt und die Konzepte kritisch hinterfragt.

Eine klare Lernzielverfolgung ist wichtig. Das, was wir hier machen, hat kulturelle Relevanz. Im Seminar eigenen sich die Teilnehmer Tools und Verhaltensweisen für das Rückkehrgespräch an, das stattfindet, wenn der Mitarbeiter von einer Weiterbildungsmaßnahme zurückkehrt.

Insgesamt war im ersten Jahr nach der Impementierung von PEFA ein starker Austausch zwischen uns – dem L&D – und den Führungskräften wichtig. Damit konnten wir das neue Mindset vertiefen.

Welche Herausforderungen sehen Sie als L&D-Experte in der Zukunft für die Personalentwicklung?

Ich glaube, in Zukunft wird es nicht mehr reichen, Personal in einem starren Entwicklungsrahmen zu entwickeln. Wir müssen in Betracht ziehen, auf welche Art die Person am besten lernt, in welcher Lebenswirklichkeit sie sich befindet und wie sich bei ihr die Lerninhalte optimal einschleifen lassen. Die Lebenswirklichkeit des Lernenden ist für mich einer der Hebel des Lernens, der noch nicht gehoben ist.
Personal maßgeschneidert und bezahlbar zu entwickeln, ist die Herausforderung. Dabei müssen wir noch mehr verstehen, was z. B. im Lernen sinnvoll digitalisierbar ist und welche Bedeutung das Zwischenmenschliche im Lernprozess innehat.

Vielen Dank, Herr Schmidt, für die spannenden Antworten. Wer mehr über PEFA wissen möchte, der kontaktiert Talk about Learning hier >>>.

Das Richtige lernen und das Gelernte leben. Personalentwicklung als Führungsaufgabe

Fußballtrainer sprechen davon, ihre Spieler jeden Tag ein wenig besser zu machen. Die Logik leuchtet total ein. Der Trainer möchte mit einer guten Mannschaft Erfolg. Dafür trainieren sie hoffentlich das Richtige und setzen es dann am Wochenende richtig um. Das Fußballspiel wurde über die Jahre athletischer, komplexer und schneller. Die Spieler mussten neue Fertigkeiten auf dem Spielfeld entwickeln bis sie polyvalent wurden. Ein Stürmer brauchte in den 70ern das defensive Zweikampfverhalten nicht. Seine Aufgabe war es, vorne zu warten und dann Bumm zu machen. Heute benötigen die Stürmer defensives Zweikampfverhalten und brauchen extreme Ausdauer, da sie permanent die Innenverteidiger anlaufen und auch im Umschaltspiel zum Sprint bereit sein müssen.

Das übertragen auf die Arbeitswelt bedeutet, dass Führungskräfte ihre Teams ebenfalls besser machen müssen entsprechend der neuen Anforderungen des Marktes oder des Kunden. Da die Arbeitswelt allerdings nicht in ein 164-seitiges Regelwerk passt, ja sich sogar die Regeln und das Spielfeld rasant ändern können, ist die Aufgabe ungleich schwerer.

Diese ungleich schwerere Aufgabe für die Führungskraft ist komplex:

  • Welche Aufgabenfelder müssen mein Team und ich in Zukunft meistern?
  • Welche Fähigkeiten werden dafür benötigt?
  • Wer von meinen Leuten bringt das Potential mit?
  • Was ist der Lernbedarf?Wen entwickle ich, wie weiter?
  • Was ist die richtige Lernmaßnahme?
  • Wie wird das in der Maßnahme Gelernte tatsächlich in der Arbeit möglichst ohne Reibungsverlust umgesetzt?
  • Wie kann mein gesamtes Team aus der Maßnahme lernen?
  • In wieweit hat sich die Maßnahme gelohnt?

Die Führungskraft kann diese Fragen glaubhaft beantworten, wenn sie den Willen und die Haltung mitbringt, das Team zu entwickeln und die Personalentwicklung als eine ihrer wesentlichen Aufgaben sieht. Die Führungskraft benötigt Mitarbeiterentwicklungs-Kompetenz.

Dekonstruiert man diese Kompetenz, lassen sich folgende operative Bestandteile und Verhaltensanker festhalten: 

  • Die Führungskraft kann eine zukunftsgerichtete Aufgabenanalyse für ihr Team entwerfen.
  • Die Führungskraft kann den Weiterentwicklungs-Bedarf für das Team benennen und für die L&D Experten beschreiben.
  • Die Führungskraft kann das Potential seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einschätzen und auf Augenhöhe kommunizieren.
  • Die Führungskraft kann für das oder zusammen mit dem Team einen Entwicklungsplan erstellen und findet zusammen mit den L&D Experten die richtigen Maßnahmen.
  • Die Führungskraft motiviert den entsprechenden Mitarbeiter für die richtige Maßnahme und vereinbart diese verbindlich.
  • Die Führungskraft hat genuines Interesse an der Entwicklungsmaßnahme und unterstützt beim Transfer für den Mitarbeiter und dem Teilen des Wissens im Team.
  • Die Führungskraft hat Tools zum Nachhalten und kann diese einsetzen.
  • Die Führungskraft evaluiert die Personalentwicklungs-Maßnahmen im Arbeitsumfeld.

Wir haben zusammen mit einem Kunden aus diesen Überlegungen das Seminar PEFA „Personalentwicklung als Führungsaufgabe“ entwickelt und durchgeführt. Ein Interview hierzu erscheint nächsten Montag bei Talk about Learning.

Beitragsbild: Foto von Canva Studio