Handy in der Hand und gleichzeitig lernen? Das ist, wenn es um zwischenmenschliche Fähigkeiten geht, ein scheinbarer Widerspruch. Wir können über das Handy Informationen recherchieren, Wissen akkumulieren, Informationen austauschen, aber nicht Einflussfähigkeiten oder emotionale Intelligenz lernen. Die Auflösung des Widerspruchs liegt in der Kombination: Ich lerne in der Realität und mache echte Erfahrungen – und eine App unterstützt mich beim Transfer. Ich kann nicht nur auf Inhalte zugreifen, sondern auch eigene Lernziele verfolgen, die Anwendung planen, meinen Erfolg messen, und mich mit anderen Teilnehmern austauschen. Das ist die Idee von everskill: Ein digitaler Coach zum Dabeihaben. everskill („Reinventing Corporate Training“) motiviert Teilnehmer von Soft-Skill-Trainings, die gelernten Fähigkeiten in ihren Arbeitsalltag zu integrieren. Ich spreche mit Dr. Daniel Schmelzer, Managing Director von everskill.
Wir müssen Training wie Sport denken und nicht wie Mathe auf der Schulbank.
Die Idee der Verbindung von Präsenztraining und digitaler Transferunterstützung gefällt mir sehr gut. Was zeichnet im Kern die Lösung everskill aus?
Wir versuchen nicht, das Präsenztraining durch ein digitales Angebot zu ersetzen und das gleiche zu machen, nur digital. Das wäre ja die alte Schulbank. Wir gehen einen komplett neuen Weg im Blended Learning, nämlich: Verbindung von Präsenztraining und App zur Transferunterstützung. Die App ergänzt das Präsenztraining. Wir sagen „hey, du hast gute neue Inhalte bekommen, jetzt ist es wichtig, die zu trainieren“. Wir müssen Training wie Sport denken und nicht wie Mathe auf der Schulbank. Fähigkeiten lernt man nicht durch Theorieinput, sondern wenn man es tut.
Woher kam der Anstoß für die Entwicklung von everskill?
Ich habe in Verhaltenspsychologie über Kommunikationsverhalten promoviert. In der Forschung habe ich mich gefragt – wenn man gutes Kommunikationsverhalten kennt – wie würde man das trainieren? Und das ist nicht so trivial. Wenn man zum Beispiel an ein Präsentationstraining denkt, und jemand sagt „lassen Sie doch die ‚Ähms‘ weg“, dann ist das für viele schwer, die eigene Kommunikation anzupassen. Ich war dann 7 Jahre bei der Boston Consulting Group als Berater und habe auch da oft solche Herausforderungen gesehen. Verhaltensänderungen scheitern nicht am Inhalt, sondern in der Umsetzung. Das ist so wie mit einer Diät: Ich weiß, wie es geht – aber wenn ich Erfolge sehen will, muss ich es auch machen.
Ich sage immer: Kennen ist nicht Können. Viele kennen Feedback, viele kennen Schulz von Thun – das zu können, das umzusetzen, ist die Herausforderung.
Ganz genau.
Wohin entwickelt sich Blended Learning? Wie sieht die Zukunft des Lernens in Organisationen aus?
Eine sehr bedeutende Frage. Ich hoffe, dass wir aufhören, Training wie Schule zu betrachten. Und dass wir aufhören, Blended Learning so zu verstehen, dass wir das Alte in neuen Schläuchen vermitteln. Ich hoffe, dass wir aufhören mit dieser Vorgehensweise: Ich nehme die Trainingsunterlage, mache da ein Video draus, 5 Micro-Learning-Einheiten, ein Quiz, und habe damit das Training dupliziert. Ich möchte, dass wir Lernen und Training neu denken. Dass wir Fertigkeiten neu denken. Dass wir die Fertigkeiten anwenden und probieren. Wenn wir das schaffen, revolutionieren wir die Lernkultur in Unternehmen. E-Learning hat seine Berechtigung, indem es gute Lerninhalte skaliert. Ich glaube aber, das ist nur ein kleiner Teil. Fertigkeiten lassen sich nicht als digitales Medium vermitteln. Wenn es um Fertigkeiten geht, dann geht es um persönliche Interaktion.
Wieviele Menschen verwenden everskill?
Wir haben pro Zeiteinheit einige Tausend Menschen auf unserer Plattform. Wir arbeiten mit vielen großen deutschen Unternehmen zusammen, zum Beispiel Siemens, Deutsche Vermögensberatung oder Kienbaum. Als junges Unternehmen haben wir natürlich noch Luft nach oben.
Wie sind die Rückmeldungen der Lernenden, welche Erfahrungen machen die Lernenden?
Die entscheidende Frage ist: Wie viele Menschen in einem Training sind tatsächlich bereit, zu lernen? Wir gehen implizit davon aus, dass alle Teilnehmer lernwillig sind, in der Realität ist das bei einigen Teilnehmern nicht der Fall. Mit everskill sehen wir allerdings genau, welche Teilnehmer auch nach dem Training noch engagiert sind und welche nicht weiter machen. Die Mehrheit der Teilnehmer ist lernwillig und bleibt auch nach dem Training am Ball. Wir erreichen nicht deshalb viele, weil wir digitalisieren, sondern weil Menschen lernen wollen.
Ein wunderbares Schlusswort, dankeschön!
2 Antworten auf „everskill – Transfer mit digitalem Coach“