Personalentwicklung ist Führungsaufgabe! Interview mit Ralf Schmidt, Leiter der Personalentwicklung RHEINPFALZ

PEFA ist eine von den Abkürzungen, die gerne im L&D Umfeld für Seminare und Maßnahmen verwendet werden. PEFA steht für Personalentwicklung als Führungsaufgabe. Wir haben bereits letzte Woche darüber geschrieben.

Heute unterhalten wir uns mit Ralf Schmidt, Leiter der Personalentwicklung bei der RHEINPFALZ, der das Thema PEFA in seinem Unternehmen aktiv vorangetrieben hat. Ralf Schmidt leitet die Personalentwicklung seit über drei Jahren und betreut mit seinem Referententeam unternehmensweit Fach und Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen. Dabei strebt er das Ziel an alle Mitarbeitenden bedarfsgerecht und zukunftsorientiert zu entwickeln.

Welche Ziele haben Sie mit dem Seminar PEFA verfolgt?

Mit PEFA haben wir drei Ziele verfolgt: Einmal sollten unsere Führungskräfte das eigene Führungsverhalten reflektieren und fokussieren. Zweitens diente es dazu, ihr eigenes Team besser zu machen und damit das Potential des Teams zu bergen. Außerdem sollten sie ihr eigenes Mindset weiterentwickeln: Personalentwicklung ist ein strategischer Erfolgsfaktor und damit eine originäre Führungsaufgabe.

Was meinen Sie damit, Personalentwicklung ist eine originäre Führungsaufgabe?

Die Abteilung Personalentwicklung ist da, um zu beraten, Entwicklungspläne aufzustellen und zu unterstützen. Aber am Ende des Tages sind wir nicht für das Ergebnis verantwortlich. Letztlich entscheidet über das Gelingen die Art und Weise der Personalführung und des Führungsverständnisses der verantwortlichen Führungskraft. Daher ist Personalentwicklung auch Führungsaufgabe! Es kommt entscheidend auf das Verständnis der Führungskraft an, ihre Leute besser zu machen und die Rolle des Coaches und Unterstützers anzunehmen, damit die Personalentwicklung funktioniert. Das spiegelt sich dann auch im Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter wider. Welche Sprache finden die beiden, um über Weiterentwicklung zu reden? Welche Möglichkeiten und Themen bieten sich einer Führungskraft, gute Mitarbeiter zu halten? Wie wird eine Personalentwicklungs-Maßnahme in den Arbeitsalltag eingebettet? Das sind entscheidende Fragen, die die Führungskraft aktiv beantworten muss.

Wie würden Sie einer Führungskraft, die zu Ihnen kommt, PEFA beschreiben?

PEFA ist ein 2-tägiges Seminar mit Blended-Learning-Elementen, in dem die Führungskraft befähigt wird, eine Win-Win Situation mit ihren Mitarbeitern zu kreieren. Idealerweise sind die Aufgaben für die eigene Abteilung nach dem Seminar zukunftsgerichtet und damit jobsichernd. Das erhöht dann einerseits die intrinsische Motivation des Teams und andererseits ist das Team für die Zukunft der Abteilung gewappnet.

Im Seminar wird die Führungsaufgabe Personalentwicklung anhand eines 4-stufigen Prozesses dargestellt: System, Potenziale, Maßnahmen sowie Transfer und Evaluation. Unterstützt wird die Führungskraft von Tools und Trainingseinheiten für das zielfördernde Verhalten in jeder dieser Stufen. Die Verankerung des Seminars wird also durch die Vermittlung des Zusammenspiels von Prozess, Tools und Verhalten hochwahrscheinlich.

PEFA ist der Grundbaustein für eine breit aufgestellte Führungskräfte-Entwicklung und das unabhängig von anderen Veränderungen. Alles weitere ist nachgelagert auch agile Führung und Digitalisierung.

Was sind darüber hinaus Faktoren, die den Transfer von PEFA begünstigen?

Ein klarer Wille des Unternehmens zu Personalentwicklung sowie ein klar kommuniziertes Bekenntnis. Heterogenität in den PEFA-Gruppen fördert diese Denkhaltung. So werden Austausch und Perspektivwechsel angeregt und die Konzepte kritisch hinterfragt.

Eine klare Lernzielverfolgung ist wichtig. Das, was wir hier machen, hat kulturelle Relevanz. Im Seminar eigenen sich die Teilnehmer Tools und Verhaltensweisen für das Rückkehrgespräch an, das stattfindet, wenn der Mitarbeiter von einer Weiterbildungsmaßnahme zurückkehrt.

Insgesamt war im ersten Jahr nach der Impementierung von PEFA ein starker Austausch zwischen uns – dem L&D – und den Führungskräften wichtig. Damit konnten wir das neue Mindset vertiefen.

Welche Herausforderungen sehen Sie als L&D-Experte in der Zukunft für die Personalentwicklung?

Ich glaube, in Zukunft wird es nicht mehr reichen, Personal in einem starren Entwicklungsrahmen zu entwickeln. Wir müssen in Betracht ziehen, auf welche Art die Person am besten lernt, in welcher Lebenswirklichkeit sie sich befindet und wie sich bei ihr die Lerninhalte optimal einschleifen lassen. Die Lebenswirklichkeit des Lernenden ist für mich einer der Hebel des Lernens, der noch nicht gehoben ist.
Personal maßgeschneidert und bezahlbar zu entwickeln, ist die Herausforderung. Dabei müssen wir noch mehr verstehen, was z. B. im Lernen sinnvoll digitalisierbar ist und welche Bedeutung das Zwischenmenschliche im Lernprozess innehat.

Vielen Dank, Herr Schmidt, für die spannenden Antworten. Wer mehr über PEFA wissen möchte, der kontaktiert Talk about Learning hier >>>.

Das Richtige lernen und das Gelernte leben. Personalentwicklung als Führungsaufgabe

Fußballtrainer sprechen davon, ihre Spieler jeden Tag ein wenig besser zu machen. Die Logik leuchtet total ein. Der Trainer möchte mit einer guten Mannschaft Erfolg. Dafür trainieren sie hoffentlich das Richtige und setzen es dann am Wochenende richtig um. Das Fußballspiel wurde über die Jahre athletischer, komplexer und schneller. Die Spieler mussten neue Fertigkeiten auf dem Spielfeld entwickeln bis sie polyvalent wurden. Ein Stürmer brauchte in den 70ern das defensive Zweikampfverhalten nicht. Seine Aufgabe war es, vorne zu warten und dann Bumm zu machen. Heute benötigen die Stürmer defensives Zweikampfverhalten und brauchen extreme Ausdauer, da sie permanent die Innenverteidiger anlaufen und auch im Umschaltspiel zum Sprint bereit sein müssen.

Das übertragen auf die Arbeitswelt bedeutet, dass Führungskräfte ihre Teams ebenfalls besser machen müssen entsprechend der neuen Anforderungen des Marktes oder des Kunden. Da die Arbeitswelt allerdings nicht in ein 164-seitiges Regelwerk passt, ja sich sogar die Regeln und das Spielfeld rasant ändern können, ist die Aufgabe ungleich schwerer.

Diese ungleich schwerere Aufgabe für die Führungskraft ist komplex:

  • Welche Aufgabenfelder müssen mein Team und ich in Zukunft meistern?
  • Welche Fähigkeiten werden dafür benötigt?
  • Wer von meinen Leuten bringt das Potential mit?
  • Was ist der Lernbedarf?Wen entwickle ich, wie weiter?
  • Was ist die richtige Lernmaßnahme?
  • Wie wird das in der Maßnahme Gelernte tatsächlich in der Arbeit möglichst ohne Reibungsverlust umgesetzt?
  • Wie kann mein gesamtes Team aus der Maßnahme lernen?
  • In wieweit hat sich die Maßnahme gelohnt?

Die Führungskraft kann diese Fragen glaubhaft beantworten, wenn sie den Willen und die Haltung mitbringt, das Team zu entwickeln und die Personalentwicklung als eine ihrer wesentlichen Aufgaben sieht. Die Führungskraft benötigt Mitarbeiterentwicklungs-Kompetenz.

Dekonstruiert man diese Kompetenz, lassen sich folgende operative Bestandteile und Verhaltensanker festhalten: 

  • Die Führungskraft kann eine zukunftsgerichtete Aufgabenanalyse für ihr Team entwerfen.
  • Die Führungskraft kann den Weiterentwicklungs-Bedarf für das Team benennen und für die L&D Experten beschreiben.
  • Die Führungskraft kann das Potential seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einschätzen und auf Augenhöhe kommunizieren.
  • Die Führungskraft kann für das oder zusammen mit dem Team einen Entwicklungsplan erstellen und findet zusammen mit den L&D Experten die richtigen Maßnahmen.
  • Die Führungskraft motiviert den entsprechenden Mitarbeiter für die richtige Maßnahme und vereinbart diese verbindlich.
  • Die Führungskraft hat genuines Interesse an der Entwicklungsmaßnahme und unterstützt beim Transfer für den Mitarbeiter und dem Teilen des Wissens im Team.
  • Die Führungskraft hat Tools zum Nachhalten und kann diese einsetzen.
  • Die Führungskraft evaluiert die Personalentwicklungs-Maßnahmen im Arbeitsumfeld.

Wir haben zusammen mit einem Kunden aus diesen Überlegungen das Seminar PEFA „Personalentwicklung als Führungsaufgabe“ entwickelt und durchgeführt. Ein Interview hierzu erscheint nächsten Montag bei Talk about Learning.

Beitragsbild: Foto von Canva Studio

Bernhard Schulwitz, der Mann, der beide Welten kennt. Personalentwicklung und Psychotherapie.

Bernhard Schulwitz

Der Diplom Psychologe Bernhard Schulwitz arbeitet seit 25 Jahren als Coach und Personalentwickler und seit fünf Jahren ebenso als Psychotherapeut. Was können die beiden Bereiche voneinander lernen? Das wollen wir wissen und fragen ihn als Menschen, der sich in beiden Welten auskennt.
 
Was kann die Personalentwicklung von einer psychotherapeutischen Klinik lernen?
 
Viel. Die Klinik kann aber auch viel von der Personalentwicklung im Business-Umfeld lernen. Ich denke an Zielorientierung, Besprechungs- und Kommunikationskultur und an Effizienz. Wer da von wem lernen kann, ist die Frage und von den jeweils handelnden Personen abhängig. Grundsätzlich finde ich, dass bewusst eingesetzter Perspektivwechsel und die Bereitschaft zum Modelllernen zur notwendigen Weiterentwicklung sehr gut geeignet sind.

Echter Kontakt zu sich selbst kann nie schaden. Das ist für viele Manager ein Riesenlernfeld.

Welche Methodiken aus der Psychotherapie kann man für Personalentwicklung verwenden?

Grundsätzlich alle. Die komplementäre Beziehungsgestaltung zum Beispiel – natürlich wird die im Management-Bereich nicht so genannt – ist eine der zentralen Coaching-Techniken. Das heißt Wertschätzung für alle erbrachten Lebensleistungen geben und Motivation entfachen, in die dunklen Ecken zu blicken. Damit entsteht Raum für Weiterentwicklung, persönlich und übergreifend. So funktioniert Change, so funktioniert Leben. Andere Beispiele sind zirkuläre Fragen, die sogenannte Wunder-Frage und andere Frage-Techniken. Echter Kontakt zu sich selbst kann nie schaden. Das ist für viele Manager ein Riesenlernfeld. Meine Lieblingsmethode, um ein weiteres Beispiel zu nennen, sind paradoxe Interventionen. Entscheidend sind aber nicht die Methoden.
 
Sondern?

Meiner Erfahrung nach drei Faktoren:
Erstens, die Beziehung zwischen Klient und Coach.
Zweitens, die innere Haltung. Hier sind Schlüsselworte „Neugier“, „Offenheit“ und „Mut“. Personen und Unternehmen sind bereit, sich in der mentalen und praktischen Auseinandersetzung auf Unbekanntes und Unsicheres Terrain zu begeben.
Drittens als wesentliche Voraussetzung hierfür: Vertrauen in sich selbst. Dieses wächst, während diese Entwicklungsprozesse in Gang gesetzt und vollzogen werden.

Wo sind die Unterschiede?

Es gibt fast keine Unterschiede. Das Wording ist natürlich ein anderes. Ich sage bewusst „fast“ weil es meist um andere Themen geht und weil die Ausgangslage eine komplett andere sein kann. Menschen mit bisher unbewältigten traumatischen Erfahrungen arbeiten an anderen Zielen als Menschen, die sich im beruflichen Kontext weiterentwickeln möchten.

Wo sehen Sie sich und Ihre Arbeit?

Ich sehe mich als Mittler, der Menschen darin unterstützt, das zu erreichen, was gewünscht ist.
 
Welche Wünsche werden denn geäußert?

Mehr Effizienz, mehr Verständnis, klarere Ziele, Antworten auf Fragen. Erfolg. Auch hier gibt es eine enge Verbindung zu den 5 psychologischen Grundbedürfnissen: Wert und Selbstwert. Austausch, Zusammenhalt und Kommunikation. Erfolgserlebnisse und Spaß. Autonomie. Und nicht zuletzt Kontinuität.
 
Wie sehen Sie die Zukunft der Personalentwicklung?

Es gibt viele Trends wie zum Beispiel Blended Learning, Training on Demand oder virtuelle Welten. Die Grundprinzipien werden gleichbleiben und sich gleichermaßen verändern. Leben bedeutet Adaption und Veränderung.

Petersberger Trainertage 2019

Die Petersberger Trainertage 2019 fanden am 5. und 6. April in Petersberg (bei Bonn) unter dem Motto „Mindset X.0 – Neues Denken. Neues Lernen“ statt. Es war das 15. „Gipfeltreffen der Weiterbildung“ und ein Erlebnis mit richtungsweisenden Beiträgen, Kennenlernen von Angeboten im Weiterbildungs-Markt und Networking. Hier einige subjektive Impressionen von den #PTT2019:

Stefan Kaduk & Dirk Osmetz (Musterbrecher)

Die Keynotes waren klasse! Vortragende und Themen:

  • „Klug gegen die Organisation arbeiten – Experimente sind die intelligenteren Projekte“ von Dr. Stefan Kaduk & Dr. Dirk Osmetz; Musterbrecher®
  • „The Future of Learning“ von Prof. Dr. Jutta Rump; Hochschule Ludwigshafen
  • „Wie veränderbar ist der Mensch?“ von Hirnforscher und Preisträger des LAA 2019 Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth
  • „Vernetzter, agiler, innovativer: Working Out Loud (WOL) bei der Robert Bosch GmbH“ von Katharina Krentz, Expertin für digitale Zusammenarbeit; Robert Bosch
  • „Mindset-Change für eine Erde 5.0“ von Karl-Heinz Land, Digital Evangelist
Georg Wolfgang (Culturizer GmbH)

Es gab insgesamt 18 Sessions in 7 Blöcken. Als Teilnehmer konnte man in einem Block jeweils unter 4 Sessions wählen. Thematisch dominiert die Digitalisierung. Also Blended Learning, digitale Transformation usw. Weitere Schwerpunkte: Agilität, Kulturwandel, Lernkonzepte, Selbstmarketing für Trainer.

Die Sessions waren nach meinem Eindruck höchst unterschiedlich in der Qualität und im individuellen Nutzwert. Tipp: Scheuen Sie sich nicht, eine Session zu verlassen, sobald sie erkannt haben, dass es Ihnen nichts bringt. Wechseln Sie einfach zu einer anderen Session.

Fazit: Menschen wollen Erlebnisse (also Präsenzveranstaltungen), Unternehmen wollen Kosten senken (also digitales Lernen). Alle wollen effektives Lernen. Das effektive Verhältnis von den unterschiedlichen Lernformen ist noch nicht ausgehandelt, aber die Richtung ist klar: Worauf sich die meisten einigen können, ist Blended Learning.

Life Achievement Award für Prof. Gerhard Roth

Der 13. Life Achievement Award ging an den Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth. Einige Aussagen (nicht unbedingt wörtliche Zitate) aus seiner Keynote:

  • Langfristig ändern wir uns nur, wenn bewusste Ziele und unbewusste Motive in Einklang sind.
  • Das Großhirn ist Sitz des Bewusstseins, aber nicht Sitz der Persönlichkeit.
  • Materielle Belohnungen diskontieren stark (werden bei Wiederholung deutlich weniger wirksam). (Ein wissenschaftlicher Befund, dass die Belohnungssysteme in Unternehmen unsinnig oder sogar gefährlich sind)
  • Die Tragik des Verstandes: Die Vernunft ist “im Griff” der limbischen Systeme, nicht umgekehrt.
  • Wie können wir sozial (nicht materiell) belohnen, ohne Neid zu schüren?
  • Das Gehirn ist ein Energiesparsystem. Daher ist es so schwer, Gewohnheiten zu ändern.

Die Location ist sehr schön und es gab ein ansprechendes und abwechslungsreiches Rahmenprogramm (Speed-Networking, Bogenschiessen etc.). Die Party am Freitag abend soll super gewesen sein (ich war nicht da).

Die Keynotes wurden wieder mit Graphic Recording begleitet. Graphic Recording ist das Visualisieren von gesprochenen Inhalten (Beispiel oben: 4 Dimensionen der Digitalisierung).

Wie wäre es mit einem Blick in die Zukunft? Die Wahrsagerin prophezeit: Die Rückkehr des Präsenztrainings!

Weitere Coporate Learning Konferenzen: Für das Jahr 2019, für das Jahr 2020