Wie Coaching dir bei der Potentialentwicklung hilft

Anke-Thomas
Anke Thomas

Ich spreche mit Anke Thomas, Coach mit Führungserfahrung in der Automobilbranche. Sie weiß Menschen in herausfordernden Situationen zu helfen. Dazu gehört auch, dass Menschen Neues lernen, um eben diese herausfordernden Situationen zu meistern.

Der dm Gründer Götz Werner sagt in dem Film „Die stille Revolution“ es gäbe zwei Wege des Lernens. Entweder Einsicht oder Katastrophe. Wie lernen deine Coachees?

Ein Zitat des Neurobiologen Gerald Hüther fasst mein Verständnis von Lernen zusammen „Wenn wir einander wie Objekte behandeln, ist Potentialentwicklung unmöglich – wenn wir uns wie Menschen begegnen, ist Potentialentwicklung unvermeidbar.“

Wenn der Coachee im sicheren Umfeld des Coachings genau diesen Raum hat – mehr Vertrauen in sich gewinnt und durch diese Wertschätzung sich selbst gegenüber sicherer wird – dann wird er unabhängig vom Außen.

Und das fängt an mit der Beziehung zu mir selbst. Viele vergessen, dass einer der wichtigsten Faktoren beim Lernen der spielerische Umgang mit mir selbst ist – was fällt mir leicht, wo spüre ich meine Grenzen… a-ha, und ich probiere es weiter. Das kann ich nur, wenn ich mir meiner bewusst bin und mich akzeptiere, so wie ich bin. Und da wir in einer bewertenden Umwelt leben, die uns diesen kindlichen, spielerischen Umgang mit dem Lernen aberzogen hat,  führe ich meine Coachees dahin zurück: damit sie sich schätzen, gerade weil sie an Grenzen kommen – und eigenverantwortlich immer mal wieder entscheiden über neue Grenzen zu gehen, um zu lernen. Und wenn sie dabei auf den Hintern fallen, sich nicht verurteilen, sondern sich amüsieren und es neu versuchen. Wenn der Coachee im sicheren Umfeld des Coachings genau diesen Raum hat – mehr Vertrauen in sich gewinnt und durch diese Wertschätzung sich selbst gegenüber sicherer wird – dann wird er unabhängig vom Außen.

Darüber hinaus behandelt er  oder sie Menschen um sich wertschätzender, ohne Bedingungen zu stellen. Im organisationalen Kontext, wenn mehrere Personen sich und ihr Umfeld verändern, kann das langfristig zu einer deutlich verbesserten Lernkultur führen.

Wie läuft bei dir ein typisches Coaching ab?

Jedes Coaching ist ein ganz individueller Prozess. Dennoch gibt es einige Elemente, die typisch sind.

Am Anfang steht immer ein Gespräch zum Kennenlernen, sich beschnuppern. Denn es ist nichts wichtiger als die Beziehung zwischen Coach und Coachee für den Lernerfolg des Coachees, das zeigen zahlreiche Studien.

Wenn dann das Anliegen oder Ziel für das Coaching gefunden ist, starten wir mit dem eigentlichen Coaching. Du formulierst ein attraktives Ziel für die Veränderung. Du reflektierst Dein Handeln, mögliche Lösungen und findest Deine Lösung. Gemeinsam schauen wir uns an, ob es Blockaden gibt und wie Du diese überwinden kannst. Du setzt Deine Entscheidungen in konkretes Handeln um. Um das Ergebnis des Coaching nachhaltig zu verankern, probierst Du neues Verhalten und neues Denken auch zwischen den Sitzungen alleine weiter. Bei den “Tretpfaden von Gedanken und Verhalten“  ist die Forschung sich nicht ganz einig – man darf davon ausgehen, dass man ein neues Verhalten und Denken mindestens drei Wochen täglich anwendet, bevor man einen neuen neurologischen Tretpfad eingerichtet hat.

Kannst du ein Fallbeispiel skizzieren?

Eine Führungskraft bemerkt, dass ihr in den letzten Monaten immer häufiger Energie fehlt. Die Mitarbeiter melden zurück, dass sie sich ungerecht behandelt fühlen. Auch im Privaten liegt einiges im Argen, die Freundin denkt über Trennung nach. Die Führungskraft will etwas verändern, weiß aber nicht was und wie.

Wir telefonieren, der Coachee schildert mir sein Anliegen, wir machen einen Termin für ein Erstgespräch aus. Dazu schicke ich ein paar Fragen zur Selbstreflexion. Beim Erstgespräch beschreibt der Coachee die Situation und definiert das Ziel fürs Coaching: „Ich möchte Klarheit finden, was die Energie nimmt. Ich möchte herausfinden, was ich verändern kann im Innen und Außen, damit es mir und den Menschen um mich herum gut geht. Ich möchte diese Veränderung bis in vier Monaten so konkret angehen, dass ich, meine Mitarbeiter und meine Freundin die Veränderung sehen.“

Da der Coachee viel beruflich unterwegs ist, vereinbaren wir eine erste persönliche Coaching Sitzung, von den drei Folgesitzungen finden zwei Sitzungen telefonisch und eine persönlich statt. Wir arbeiten mit unterschiedlichen Methoden. Und kommen an einen „neuralgischen Punkt“ – Glaubenssätze, die den Coachee davon abgehalten hat, mit sich selbst achtsam umzugehen. Nachdem der Coachee die Glaubenssätze bearbeitet hat und loslässt, will er neue achtsame Verhaltensweisen in sein Leben integrieren. Ich empfehle ihm, sich mithilfe eines Kurses die für ihn passenden Achtsamkeitsmethoden anzueignen und empfehle ihm geeignete Trainer. Nach acht Wochen telefonieren wir und reflektieren, was sich alles verändert hat: der Coachee wird seinen Job verändern, mehr Zeit für sich selbst und seine Partnerschaft nehmen.
 
Was sind Erfolgsfaktoren deines Coachings?

Das ist eine Kombination der Beziehung zum Coachee, meinem Vertrauen in den Coachee – und Methodenvielfalt. Wenn ich als Coach ein herausforderndes Lernumfeld schaffe und der Coachee dadurch angeregt wird – dann passiert Veränderung. Die Fokussierung von Methoden und Fragen auf das positive Potential des Coachees und meine feste Überzeugung, dass die Lösung im Coachee liegt und nur gefunden werden will – das kann viel bewegen. Und die Vielfalt meiner Methoden ist mir wichtig, da Menschen aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit auch im Lernen so verschieden sind: der eine braucht Visualisierung, ein anderer muss sich bewegen; der eine braucht Empathie, ein anderer Humor; der eine kommt an sein Thema am besten mit der Gewaltfreien Kommunikation heran, bei einem anderen funktioniert The Work.

Und wie kreierst du diese Erfolgsfaktoren?

Mich hier komplett einzulassen auf den Coachee, ohne eigene Vorlieben zu bespielen – das ist das für mich Entscheidende für den Erfolg. Ich mache nur Angebote, frage und erläutere Methoden, die helfen können – letztendlich entscheidet aber der Coachee, was zu ihm oder ihr passt. Um das zu können, bin ich selbst Fan von achtsamen Methoden. Um und mich hier ganz auf den Coachee einlassen zu können – durch Achtsamkeitsmethoden bin ich schnell in der Lage, mich in diesen Zustand zu versetzen.

Und dem Coachee empfehle ich ein angenehmes Umfeld, möglichst weg vom Problem oder Anliegen – damit Lernen überhaupt möglich ist.  Gern in meinen Räumen oder in der Natur. Darauf achte ich besonders dann, wenn wir Telefoncoaching machen, da es für die meisten Coachees keine Selbstverständlichkeit ist, für sich zu sorgen.  Den eigenen Lernraum positiv zu gestalten, das wird sich für den Coachee weit über das aktuelle Anliegen hinaus verankern – und sich auszahlen!

Vielen Dank, Anke, für die aufschlussreichen und spannenden Antworten. Wer mehr über Anke wissen will, findet bei at-Change viele weitere Informationen.

2 Antworten auf „Wie Coaching dir bei der Potentialentwicklung hilft“

  1. Das Interview bringt ausgezeichnet Arbeitsweise und Selbstverständnis von professionellen Coaches auf den Punkt. Besonders gefallen hat mir das Plädoyer für spielerisches Lernen in Organisationen sowie die Betonung von vollständigem Einlassen auf den Coachee und Achtsamkeit als Erfolgsfaktoren. Der Transparenz halber sei erwähnt, dass ich Anke Thomas aus der CoachCommunity (https://www.coachcommunity.de/) kenne und als Coach-Kollegin schätze.

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