Noch mehr Ideen zum Aufbau von Beziehungen im virtuellen Raum

Gabriele Beitinger hat uns Anfang des Jahres die impliziten Methoden des Beziehungsaufbaus im virtuellen Raum nähergebracht. Dort, wo wir Implizites finden, gibt es sicherlich auch Explizites.

Also Gabi, welche expliziten Möglichkeiten nutzt du, um Beziehungen im virtuellen Raumaufzubauen?

Die Tools bieten unzählige Möglichkeiten für den expliziten Beziehungsaufbau. Lass uns das strukturieren.

Ok, wie nutzt du Video und Mikro?

In einer E-Mail vor Beginn des Seminars, manchmal in einem vorgeschalteten Kick-Off, bitte ich die Teilnehmer, sich einen Raum zu suchen, in dem sie sich bei angeschaltetem Video wohlfühlen und wo sie frei und offen sprechen können. Bei meinen Zooms sind Mikrophone und Video der Teilnehmer beim Eintritt angeschaltet. Dies steht symbolsprachlich dafür, dass die Mitwirkung erwünscht ist.

Wie nutzt du Annotate und Share?

Bei Zoom nutze ich sehr viel die Annotate Funktion, die es den Teilnehmern ermöglicht anonym oder namentlich Ideen schriftlich, gleichzeitig einzubringen. Ebenso nutze ich die Möglichkeit, dass Teilnehmer Unterlagen und den Bildschirm zu teilen. Symbolsprachlich unterstützt das die symmetrische Kommunikation.

Und die Breakout Rooms?

In kleineren Gruppen ist es leichter, offen zu sprechen. Sich zu zeigen, ist eine Grundvoraussetzung für den Aufbau natürlicher Beziehungen. Deshalb baue ich viele Möglichkeiten ein an Themen in Breakout Rooms zu arbeiten. Hier ergeben sich auch wertvolle Gelegenheiten für die informelle Kommunikation.

Was machst du neben dem Nutzen der Features noch für den Beziehungsaufbau im virtuellen Raum?

Das sind die vier Punkte „den Anfang gestalten“, „Orientierung geben“, „Teilnehmer-Impulse statt Trainer-Impulse“ und die „Meta-Ebene nutzen“

Beginnen wir mit „den Anfang gestalten“, was machst du da?

Wie im Präsenzseminar nehme ich mir am Anfang etwas Zeit über Ziele zu sprechen und darüber, wie wir sie erreichen wollen. Dabei betone ich, dass für mich ein gutes Seminar eines ist, bei dem wir alle voneinander lernen. Dadurch signalisiere ich meinen Wunsch nach symmetrischer Beziehungsgestaltung und begründe damit, dass die Teilnehmer einander gegenseitig ihre Ziele bezüglich des Seminars mitteilen. Auf diese Weise können wir an den Themen von allen arbeiten und sie immer wieder aufgreifen. Dies fördert die Offenheit und damit den Beziehungsaufbau zwischen den Teilnehmern.

Was bedeutet „Teilnehmer-Impulse statt Trainer-Impulse“?

Neben offenen Reflexionen und Diskussionen nutze ich auch Übungen, die im Präsenzseminar z. B. reihum stattfinden würden. Virtuell lasse ich z. B. den jeweiligen Teilnehmer bestimmen, wer weitermachen soll. Ich nutze hier auch die Möglichkeit, die Teilnehmer selbst wählen zu lassen, in welchen Breakout Room sie gehen wollen.

Beim Aufbau von natürlichen Beziehungen geht es ja nicht darum, dass jeder extravertiert und „people-oriented“ sein muss, sondern dass man so, wie man ist und je nach dem, was man braucht, mit einander Kontakt aufnimmt.

Was machst du bei „Orientierung geben“?

Wenn wir darüber sprechen, wie wir im Seminar vorgehen wollen, mache ich klar, dass es z. B. auch völlig in Ordnung ist, wenn jemand sagt, dass er eine Übung nicht machen möchte, oder ihm etwas zu persönlich ist. Beim Aufbau von natürlichen Beziehungen geht es ja nicht darum, dass jeder extravertiert und „people-oriented“ sein muss, sondern dass man so, wie man ist und je nach dem, was man braucht, mit einander Kontakt aufnimmt. Manchmal bitte ich auch um Übernahme von Rollen. Zum Beispiel frage ich: „Gibt es hier jemanden, der / die eher ungeduldig ist?“ Dann bitte ich darum, offen zu äußern, wenn das Gefühl da ist, wir sollten schneller machen. Ebenso verfahre ich mit „Fokus und Struktur“ und „Atmosphäre“. Ich mache deutlich, dass es sich bei diesen Rollen nicht um Verantwortung (die liegt bei uns allen) sondern um Aufmerksamkeit auf diese Punkte handelt. Wir betrachten und steuern so unsere Kommunikation gemeinsam und können leichter Phänomene oder Störungen auf der Meta-Ebene ansprechen.

Genau, was verstehst du unter „Meta-Ebene nutzen“?

Ich stelle auch während des Seminars immer wieder auf der Meta-Ebene den Bezug zu persönlicher Kommunikation her. „Wie leicht, oder wie schwer ist es, hier in dieser Runde, etwas Kritisches zu sagen oder offen anzusprechen)?“, „Woran liegt das?“
So können wir Gruppenphänomene und virtuelle Hürden thematisieren, erkennen und leichter überwinden.

Vielen Dank, Gabi für deinen tollen Antworten.

Gabriele Beitinger und ich haben uns im Mai 2020 virtuell kennengelernt und entwickeln unsere Arbeitsbeziehung seitdem über Zoom, MS Teams und Mobiltelefon stetig weiter. Mittlerweile haben wir uns mit anderem zu dem Team Angels & Charlies formiert.

Beitragsbild by Marvin Meyer on Unsplash

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert